Leave Your Marks On My Back:
Ich brauchte etwas, um mich in die Geschichte reinzufinden - es geht ja "sehr zügig" los~. Ich war schon bereit ein Fazit zu geben nach dem Motto "Jaaaa, die Story lässt zu wünschen übrig, aber die ~Vibes~ sind trotzdem großartig, wie man's bei Rou Nishimoto gewohnt ist", aber mit jeder Seite wurde der Einzelband besser, bis er das Niveau der bereits erschienenen Sachen erreicht hat. Wie der Kunstdozent seine Spielchen spielen will, aber letztendlich selber verführt wird, hat mich an Derail erinnert, wenn auch der Protagonist moralischer handelt. Ich bin gerade mit meinem BL-Anime-Marathon im Jahr 2007 mit Close the Last Door! und A Foreign Love Affair - da ist Untreue ebenfalls ein Thema - mit Cecile von Fontane will ich gar nicht erst anfangen! Na ja, ein moralisches Urteil will ich da gar nicht versuchen, das muss man einfach auf sich wirken lassen, wie Charaktere sich gegenseitig verletzen und irgendwie doch das Beste draus machen... Gerne weiter so!
Kiss of the Innocent:
Auch sehr gut! Ein bisschen exposition-heavy, als Ombra seine Hintergrundgeschichte in den Wald hineinschreit, aber danach findet der Manga eine gemäßigtere Erzählweise mit gradueller POV-Abwechslung. Fand's auch interessant, dass die Hauptprämisse nur bedingt erfüllt wird: Das Leben vom Astronomen wird verlängert, aber die Krankheit bleibt tödlich - gute Balance in der etwas vagen Post-Mittelalter, aber Prä-Antibiotika-Zeit, die angestrebt wird. Hätte ja gerne noch etwas mehr von Ombras Oberweite gesehen, aber ich gedulde mich - der Rest war sehr detailliert und ansehnlich gezeichnet~. Etwas komisch war dieser Abschnitt mit "Die offizielle Version war wie Romeo und Julia, dass die Konkubine krank geworden ist und der König ihr in den Tod gefolgt ist - der Doppelsuizid wurde vertuscht" Na ja, keine der Versionen ist wie Romeo und Julia, aber die "wahre" Version ist näher dran als die vertuschte - hätte man nen besseren Vergleich finden sollen.
Herr Okura sucht nicht das Glück:
Süß, aber man merkt, dass es aus Mangaka-Pflege geholt wurde - vor Allem passt es eher weniger zu Carlsens und auch Hayabusas Angebot, eher Crunchyroll. Wurde halt wegen dem Santa Maria-Band angeschafft. Kann man aber lesen - es passiert nichts, was man nicht erwarten würde, aber es ist eine nette Arbeitsplatzromanze.
Wolf Pack:
Jaaaaa, das ist natürlich ein hardcore Luxus-Gekiga-Manga, der besonders am Anfang viel auf generelle ~Vibes~ legt und erst später eine Geschichte anfängt, die dann auch nicht viel Romantik hat. Mir hat er aber sehr gut gefallen - hat mich an Hen Kai Pan erinnert, aber ein bisschen mainstreamiger halt, was beim Lesen geholfen hat. (Und natürlich Garu/Karu aus Nu:Carnival, gerade bei dem Event, was gerade läuft) Aber ganz unironisch interessant: BLs sind zwar recht verlässlich teurer als die meisten Action-Shounen, aber ~besondere~ BLs sind dafür günstiger als ~besondere~ Shounen-Werke - der hier 8€, so viel wie andere BLs.
Enchanted by Your Magic Touch:
Hier tatsächlich andersrum als meistens - der Anfang hat mir gut gefallen, danach war's Mittelfeld. Der Titel nimmt sich Atelier of Witch Hat-mäßig vor, eine ganze Welt mit eigenem Zaubersystem zu konstruieren, was für einen Einzelband nicht unbedingt geeignet ist. Gelöst wurde das Ganze zwar recht gut, aber der Band bleibt recht seicht, bis auf den Versuch, dass sich der love interest die Zauberkraft nimmt aufgrund eines Missverständnisses. Dadurch wurde versucht, Spannung reinzubringen und ich mag Melodrama (auch unnötiges!), aber das hat hier nicht wirklich reingepasst. Es waren zwar viele Aspekte dabei, die mir gefallen haben und man sieht die Arbeit und Liebe, die im Band stecken - hingeschmissen ist er auf jeden Fall nicht - aber wirklich stimmig auch nicht. Hab' ihn aber in einem etwas müden Zustand gelesen...
Wenn du deine Hand ausstreckst:
Hat mich sehr überrascht! Hatte Dom/Sub-Tropes, obowhl nicht so ausgezeichnet, besonders in der ersten intimen Szene, also wohl doch ein ausgeprägtes Mangaka-Faible und nicht nur ein kurzfristiges Interesse. Fast ein wenig viel für einen Einzelband - im Nachwort sagt die Mangaka selbst, dass sie sich ausmalt, wie die Vergangenheit des love interests im Genaueren ausgesehen hat. Aber die Andeutungen reichen auch aus und die Geschichte ist in sich rund und abgeschlossen. Yandere-Züge sind ein Plus - der vorgeschobene Grund, dass alles nur ein Mittel zum Zweck war, um den Hauptcharakter zu bekommen, war recht fadenscheinig - es war ziemlich eindeutig, dass der love interest nicht wirklich so denkt, aber ich denke, es war auch beabsichtigt, dass man das bemerkt und der Protagonist bemerkt das auch, auch wenn er's nicht ausspricht. Dieses Aufsetzen einer offensichtlichen Lüge passt selbstverständlich nicht zum Image des intelligenten Manipulators, den der love interest ausstrahlen will und auch nicht zu seinem sonstigen Verhalten und unterstreicht, dass diese Aktion aus reinem Impuls erfolgte, auch wenn es den Anschein macht, dass sie durchdacht ist. Schöner Abschluss~
EDIT: Spätnächtliche Ergänzung, weil ich alle Einzelbände durch hatte, aber mir klar war, dass ich irgendwas vergessen habe - hab' in meinem Alltags-Allzweck-Jutebeutel noch was Ungelesenes gefunden~:
Home Far Away:
Sehr cinematisch, was sich auch daran äußert, dass mehrere Morde in die Handlung eingebaut wurden, die einerseits closure für den Protagonisten bieten, aber die Geschichte durch eine wirklich gewaltige Anzahl von aneinandergereihten Zufällen durchaus konstruiert wirken lässt. Das ändert natürlich nichts daran, wie sehr einen der Manga emotional mitnimmt! Für mich allerdings nur im regulär-empathischen Sinne - warum? Nun, hier eine komplette Auflistung von religiösen Einflüssen bei mir:
- Evangelisch von meiner mütterlichen Großmutter und die generelle Umgebung - Norddeutschland...
- Alt-Reformiert von meinem Vater (mit spicy Doppelprädestination! Mein Vater hat mir den Heidelberger Katechismus mal gezeigt und... oh ha! Heute natürlich ökumenisch beschwichtigt)
- Baptistisch von meiner Mutter (keine hot takes, ewige fencesitter)
- Anglikanismus bei Austen (wobei höchstens Mansfield Park und selbst da sehr generisch... aber ich glaube, das liegt auch dran, dass Anglikanismus einfach selbst sehr generisch ist)
- Methodismus bei Anne Bronte und "The Tenant of Wildfell Hall" - ich sehe auch ein paar Parallelen in Sachen "Was tun bei missbräuchlichen Beziehungen" und Vergebung und stelle mir natürlich gleich ein Crossover mit dem Manga hier vor (wie ein Protagonist mit Glauben an universelle Rekonziliation das sehen würde!)
- Östlich-Orthodox (Mütterlicher Onkel und ältester Cousin)
Und dann noch Judentum (von reformatorisch bis orthodox, aber nicht ultraorthodox - zweite Crossoveridee selbstverständlich: Das ganze als Misnagdim-Familie in Litauen und die Reise auch hier in den Süden, klar) durch eine Sängerin, einen Journalisten, eine Menge Bücher und eine KZ-Gedenkstätte fast vor der Haustür. Also praktisch alles außer Katholizismus.
Der Fakt, dass in den Konfessionen, die ich kennengelernt habe, so andere Werte die Aktionen und Gedanken der Menschen lenken, hat eher dabei geholfen, ein angenehm unangenehmes Gefühl der Befremdlichkeit bei Alains Gedankengängen hervorzurufen. Vor Allem Erbsünde, was im Manga stark thematisiert wird (und auch die Strafe der Kinder für die Sünden der Eltern, auch in der Moderne) - in der Kirche, in der ich aufgewachsen bin, wurde Sündenvererbung gar nicht und Erbsünde als Konzept kaum thematisiert und wenn, dann nur als Überleitung zum "aber...".
Dass christliche Darstellungen in Manga fast immer katholische Züge haben, (Eduard Wernicke aus Absolute Obedience fällt mir natürlich gleich ein - Motomi aus Togainu no Chi ist in der Konfession vager) hat natürlich einmal den Grund, dass Katholizismus immer noch eine der zwei Hauptkonfessionen ist, aber auch die Rituale und Ikonographie, die besonders gut ~inszeniert~ werden können. Sex (oder hier eine Vergewaltigung, trocken ergänzt) vor einem Altar und dann noch vor einer Statue einer Heiligen oder vor Jesus selbst führt zu einem ganz anderen Kontrast als das Gleiche vor einem einfachen Kreuz oder gar im sonst so gemütlichen Jungscharraum, der ebenso gut ein generisches Wohnzimmer sein könnte, wenn auch mit etwas veralteten Möbeln. Deprimierender Rezensions-Abschluss für einen deprimierenden Manga - hat mir aber gefallen~.
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