Amen
So What: Ob denn nun eine Farbe glänzt oder nicht wird neben dem Papier (und hier natürlich die Zusammensetzung des Strichs) durch die Zusammensetzung der Farbe und durch die Trocknung der Farbe beeinflusst. Aber ich möchte Glauben nicht durch unnötige Fakten in Frage stellen. Der Glaube ist immer stärker. Und selbst, wenn das Glänzen der Farbe durch das Papier determiniert wäre, es bleibt glänzende Farbe. Aber wie schon geschrieben: Glaube ist stärker als Wissen. Und weil Trump immer recht hat, fragen wir lieber den.
Amen
Ja, glieder mal aus. Ich kann dazu auch was schreiben. Wird aber dauern.
Gemacht und neues Thema erstellt.
Dann will ich doch hier nochmal Leben reinbringen, inspiriert durch die Diskussion über den Tim + Struppi Band mit der Sängerin und das Bildformat in der neuen deutschen Ausgabe (zu klein!)
Bei meiner Lieblings-Watchmen-Ausgabe, dem Großformat bei Carlsen (werde ich NIE austauschen! Großartige Edition!) haben alle gemeckert über das Großformat. Bei der Luxus-Edition 'Sängerin' wird um "Aufblasen" gebeten. Steckt da ein System hinter? Warum ist das hier erwünscht und dort nicht? (Abgesehen natürlich davon, dass 30 Jahre zwischen beiden Ausgaben liegen. Aber gemault wurde nicht bei Erscheinen, sondern hier über die Jahre immer wieder mal.) Dasselbe bei der V wie Vendetta-Ausgabe, die ich ebenfalls selber in Ehren halte. Da hatte ich mir noch etliche US-Klassiker in dem Format gewünscht (Elektra: Assassin, Kraven's Last Hunt, Nick Fury vs. SHIELD, Dark Knight Returns oder gar den ganzen ersten Silver Surfer Run), aber die öffentliche Meinung war vernichtend. Gar nicht dran zu denken, dass andere Verlage das für sich entdecken.
PS: Ich seh gerade, dass auch Ronin in dem Format erschienen ist. Da hatte ich wohl wieder zu wenig Geld. Ja, 91 war ein schwieriges Jahr. Ronin habe ich immer noch als US TPB hier stehen im US-Format (1. Auflage! Könnte mein allererstes DC-TPB gewesen sein.) Ich entdecke gerade ganz tolle Möglichkeiten, mich wieder an US-Inhalte heranzubringen, indem man ein paar exzellente Klassiker im Watchmen/Carlsen-Format wiederveröffentlicht.
Geändert von Exphilosoph (09.12.2023 um 06:22 Uhr)
US Comics werden gezielt für ein kleineres Format gezeichnet. Da fällt das Vergrößern oft nicht positiv auf. Bei Gibbons geht es weil er recht detailliert arbeitet.
Die europäischen Comics sind schon mit Blick auf Alben gezeichnet. Da macht sich eine Vergrößerung schick, jedenfalls für mich. Zumindest das Seitenformat besser nutzen.
Das war das Hauptargument gegen die Watchmen und die Vendetta-Ausgabe. Wobei ich da immer etwas irritiert war, denn ich konnte in den Großausgaben keine Mängel erkennen. Im Gegenteil. Doc Manhattan sieht unglaublich sexy aus in groß und ebenso die Fratze des Comedian bei seiner Ermordung. Der Wahnsinn, diese Ausgabe. Bei Vendetta entstehen viele große Schwarzflächen, die immer suggerieren, dass in der Dunkelheit etwas zu entdecken ist. Ich finde diese Ausgaben hammermäßig. Ich würde jetzt gerne mal in Ronin reingucken, aber ich wette, dass auch der mir in dem Format gefallen würde.
Bitte beachten: diese Ausgaben wurden nicht auf frankobelgisches Albenformat hochgetrimmt, sondern sogar noch etwas größer. Selbst wenn es da in den 90ern ästhetische Probleme mit den Bildern gegeben hätte (was ich mit meinen Augen aber nicht erkennen kann und die sind gut!), so sollte das heute doch kein Problem mehr sein, wo alles digital vorliegt?
Ergänzungsfrage: weiß jemand, in welchem Format die US-Künstler zeichnen und gezeichnet haben? Wenn die zum Beispiel eh auf DinA3 oder 2 zeichnen, dann fällt das Argument, welches Endformat die im Kopf hatten doch eh weg, oder? (Mal wieder muss ich zugeben, dass ich mich mit Druckproblemen und -formaten nicht auskenne. Aber ich sehe ja die Großausgaben vor mir. Das war für mich eine Superidee und sieht auch fantastisch aus.)
Geändert von Exphilosoph (09.12.2023 um 06:36 Uhr)
Marvel und DC und auch Image Arbeiten eigentlich mit 11x17 inches, jedenfalls in der Regel.
In Europa variieren die Zeichenboards.
Prinzipiell hast du recht, aber du wurdest sehen, dass z.B. eine durchschnittliche Thor oder Spidey oder Batman Ausgabe im großen deutschen Watchmen Format ziemlich dünne aussehen würde.
Bei Watchmen und auch neueren US Comics die sehr detailliert gezeichnet sind würde das nicht so was ändern, ich rede hier von den 60ern bis so Ende 80er.
Kann ich mir gut vorstellen. Wo ich eben von Ronin sprach, da ist tatsächlich Zeichnung und Druck im US-TPB etwas dünn im Druck. Von daher hätte ich gerne mal jetzt einen Blick in das Carlsen Großformat. Da gibt es bestimmt Grenzen des Machbaren. Aber dennoch scheinen damals die Leser schon bei Watchmen nicht glücklich gewesen zu sein, und da habe ich ja gerade noch reingeguckt. Das ist wunderbar im Ergebnis.
Ich hatte die Carlsen Ausgaben auch, finde das Format auch geil, eben weil man so die schönen Details sieht. Leider im Keller ertrunken.
Geändert von Exphilosoph (01.01.2024 um 09:19 Uhr)
Auch mal gut zu wissen: gibt es eigentlich offizielle Merkmale einer Gesamtausgabe, Werkausgabe, Autoren- oder Zeichnerbibliothek? Braucht eine Gesamtausgabe zwingend auch die Aufnahme von Einzelbildern und wenn ja, wie vollständig muss sie sein usw.? Mit offiziell meine ich also nicht Einschätzungen oder Eigendefinitionen von Leuten, die nur geübt sind selbstbewusst Positionen zu vertreten, sondern eben gerade auch allgemeingültige und nicht Mode- und vorläufige Standards, an denen genau solche Positionen sich messen müssen?
Welche Institution sollte denn "offizielle" Kriterien für eine Gesamtausgabe festlegen? Die Academie francaise? Der Börsenverein des deutschen Buchhandels?
Sieh meinen Post als Diskussionsgrundlage. Wenn es keine literaturkritische Instanz zur Defintion von solchen Werken gibt (wobei es in der Belletristik ja ganz sicher solche Standards gibt. Und wenn Reich-Ranicki persönlich sie aufgestellt hat. ) Wenn es also so eine Institution nicht gibt und sich nichts findet, was aus der Belletristik auf Comics übertragbar wäre, aber gleichzeitig auch nicht jeder einfach was behaupten können soll, dann müsste man sich irgendwo in der Mitte treffen?
Hier haben wir doch schon mal eine Supergrundlage: https://de.wikipedia.org/wiki/Gesamtausgabe
Die Frage wäre dann, wie gönnerhaft man mit dem Begriff umgeht. Wenn zum Beispiel in der Buck Danny GA alle Alben und KGs enthalten sind und im redaktionellen Teil eine repräsentative Auswahl an Einzelbildern und entfernt zugehörigen Werken enthalten ist, könnte man ja guten Gewissens von einer sogar 'kritischen' Gesamtausgabe sprechen. Wenn jetzt nur Alben und KGs ohne redaktionelle Beiträge enthalten wären, könnte man wohl immer noch von einer GA sprechen? Ab wann würde man den Gebrauch des Wortes in Frage stellen? Und wie unterscheidet sich eine Gesamtausgabe von einer Werkausgabe?
Die einzige Werkausgabe meiner Comicsammlung ist die Panini-Reihe von Manara. Die eben auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, aber das Schaffen von Manara durchaus repräsentativ abbildet. Sowas ist im Buchsektor, besonders bei Vielschreibern, ja durchaus üblich.
Und dann erinnere ich mich an meine unglaubliche Enttäuschung, als Panini plötzlich bei den Spidey-Komplettschubern bei 1980 ankam und aufhörte, weil angeblich deren erklärtes Ziel, die vollständige Publikation der 60er und 70er Jahre erreicht sei (was vorher allerdings nie gesagt worden war!). Wenn ich mal den Begriff Spider Man Komplett als frühes Wort für Gesamtausgabe interpretiere, dann war DAS jedenfalls ein zwar extrem imponierendes Projekt, welches immer noch stolz meine Regale ziert, aber für eine Gesamtausgabe die den Begriff wert ist, hat es da natürlich nicht gereicht. Als Spider-Man Klassik-Edition dürfte sie sich aber vielleicht doch als komplett bzw. Gesamtausgabe bezeichnen. Also ist schon Vieles relativ. Aber nicht alles.
Geändert von Exphilosoph (03.01.2024 um 12:49 Uhr)
In dem Bereich, den Du "Belletristik" nennst, herrscht deshalb ein gewisser Konsens, weil diese Ausgaben allermeistens auch einen wissenschaftlichen Anspruch haben -- meist werden sie von Akademikern im Rahmen ihrer Forschungs-/Unitätigkeit herausgegeben und richten sich neben Interessierten vor allem an Akademiker und Bibliotheken als Abnehmer. Und trotz dieses Konsenses hat man keine Garantie, dass eine Gesamtausgabe auch wirklich alle Werke einer schriftstellernden Person enthält. Deshalb ist der Wiki-Artikel auch zurecht schwammig, die Übergänge von Kritischer Ausgabe/Gesamtausgabe/Werkausgabe sind zuweilen fließend.
Im Comicbereich fällt der akademische Charakter weitgehend weg, deshalb herrscht hier eben kein Konsens, was denn nun eine GA ist und was nicht oder was reingehört und was nicht. Viele GAs sind wohl eher nicht "komplett" in dem Sinne, dass jede Illu enthalten ist -- oft lässt sich das schon aus lizenzrechtlichen Gründen nicht realisieren.
Wie will man auch eine Komplettheit garantieren? Wer weiß denn schon, was ein verstorbener Zeichner einem Fan oder Freund gezeichnet hat...
Viel wahrscheinlicher wäre das Deutsche Institut für Normung.
Aber soweit ich weiß, sind für die von Jovis genannten Begriffe bisher keine zwingenden Merkmale festgelegt worden ... was heißt, dass sie ihre Bedeutung durch praktischen Gebrauch erhalten [also: Eine "Gesamtausgabe" ist das, was mehrheitlich als solche bezeichnet und akzeptiert wird].
Ich kann mich an Nutzungsrechteeinräumungsverträge zwischen Urheberinnen oder Urhebern und Verwertern erinnern, in denen erstere sich das Recht auf Nutzung des in Rede stehenden Werks im Zuge einer eventuellen Werksausgabe ausdrücklich vorbehalten haben ... damit ein Verwerter eine solche nicht verhindern kann, indem er die Nutzung des Werkes, an dem er die Rechte zur Veröffeltlichung der Einzelausgabe hält, durch einen anderen Verwerter untersagt, der eine vollständige Werkausgabe plant.
Mit "Werkausgaben" in diesem Sinne haben wir es in unserem Marktsegment bisher aber nicht zu tun. Die Werke praktisch aller bekannteren Urheberinnen und Urheber sind auf mehrere Verwerter verteilt ... und zu versuchen, die verstreuten Arbeiten in einer einzigen, einheitlich gestalteten Ausgabe zusammenzubringen, dürfte nur jemandem gelingen, der sehr viel Zeit und Kapital hat und Nerven aus Stahl.
Will sagen: Die Diskussion über "Werk-" oder "Gesamtausgaben" hier bezieht sich eigentlich immer auf "Gesammelte Werke" ... wobei die "Sammlung" in der Regel im Ausland stattfindet und die entsprechenden Ausgaben in den deutschen Sprachraum hinein lediglich lizenziert werden [was die Handlungsspielräume der einheimischen Lizenznehmer u.U. noch weiter einschränkt, wenn nämlich z.B. vom Lizenzgeber untersagt wird, am Inhalt der lizenzierten Ausgabe irgendwelche inhaltlichen oder gestalterischen Veränderungen vorzunehmen].
Diskutabel sind darum IMHO weniger die "Benennungen" dieser Ausgaben, sondern ihre Ausführung in Relation zur Vorlage oder die Qualität des lizenzierten Materials [in Hinsicht auf Vollständigkeit, Zustand, Aufbereitung].
Ich prophezeihe, dass es echte, möglichst vollständige Werkausgaben der meisten Urheberinnen und Urheber nicht geben wird, solange der Urheberschutz nicht erloschen ist ... und diese Aussage kann sich nur auf Werke beziehen, die geschaffen worden sind, seit es ein kodifiziertes Urheberrecht überhaupt gibt. [Alles, was davor geschaffen worden ist, gehört ja praktisch Verwertern mit ihren potenziell unendlichen Markenschutzrechten an Namen, Figuren und Designs.]
Mit 1000 Grüßen,
JRN
Cross-Posting mit kormoran [dessen Hinweis darauf, dass die eigentliche Arbeit an Werkausgaben in der Regel im akademischen Umfeld geleistet wird (weil sie von Verlagen nicht zu stemmen ist), ich für wichtig halte] und Tsungam.
Und ... eine kritische Werkausgabe ist noch einmal etwas anderes als eine einfache oder eine kommentierte Werkausgabe. In einer solchen müssten nämlich auch eventuelle Druckvarianten Erwähnung finden, die zugehörige Verlagskorrespondenz zurückliegender Ausgaben und so weiter und so fort ...
Geändert von JRN (03.01.2024 um 14:29 Uhr)
Super, vielen Dank. Das ist ja schon mal SEHR viel Substanz. Letztere Anmerkung zu "kritischen" Ausgaben könnte man gutmeinend aber durchaus in einigen GAs vorfinden, wenn auf andere Versionen von Comics eingegangen wird, auf frühe Albenversionen oder gar wie bei Rick Master die 4 letzten Seiten von der "Falle des Henkers", deren beide Versionen sogar zum Abdruck kamen. Ich finde überhaupt, dass so einige GAs durchaus höheren Ansprüchen gerecht werden. Die Titelbilder der Magazine aus dem Veröffentlichungszeitraum der Abenteuer, Kommentare der Kürzungs- oder gar Zensurhistorie sind sehr oft vorhanden.
Ich höre aber auch heraus - und stimmt das? - dass im Grunde jeder Verlag rein theoretisch die Begriffe GA oder Werkausgabe oder Gesammelte Werke benutzen kann, selbst wenn die Ausgabe sich nicht mal im Ansatz bemühen würde, den damit verbundenen Erwartungen gerecht zu werden? Da würde ich als großer Fan der GA-Ausgaben ja sagen, dass wir bislang großes Glück gehabt haben.
Dieses Glück ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass wir -- anders als in der "Belletristik" -- meistens keine GA aller Werke einer kunstschaffenden Person vor uns haben, sondern nur GAs bestimmter Werke dieser Künstler*innen. Lizenzen für Serien bleiben häufig in einer Hand, während Künstler*innen mal Veträge mit dem einen, mal mit dem anderen Verlag abschließen. Eine Spirou GA lässt sich drum halbwegs verwirklichen, aber eine Moebius-GA eben leider nicht.
Genau. Aber es wäre ja theoretisch vorstellbar, dass ein Verlag eine GA einer Serie ankündigt, die dann nur aus den letzten 10 Alben besteht und sich bei Beschwerden rausredet mit "Ich dachte, es wäre klar dass wir hier nicht SO altes Zeug publizieren." Oder ein Verlag könnte sich um die von Panini nicht mehr herausgebrachten Nachfolgebände von Trigan nach Lawrence bemühen und dass dann als GA bezeichnen. So was oder Schlimmeres - also echte Abzock-Angebote wie in anderen Genres durchaus üblich - gibt es im Comicbereich nicht. Jedenfalls nicht, dass ich wüsste. Und das, obwohl die Begriffe GA und Werkausgabe etc. nicht mal standardisiert geschweige denn rechtlich geschützt sind. Das ist ja ein beeindruckend positives Resümee schon mal.
@Jovis :
Nun ja, Eckart Sackmann hat genau das ja mit seiner Arno-Ausgabe versucht. Konnte er machen.
Er durfte sich dann aber auch nicht beschweren, dass er sich einen Sturm im Wasserglas eingehandelt hat.
Wie gesagt: Bei Begriffen, die nicht in irgendeiner Weise "geschützt" oder "normiert" sind, entscheidet der Gebrauch und der gesellschaftliche Diskurs über den Gebrauch, was damit irgendwann verbunden wird und was nicht.
Und: Es ist gar nicht ausgeschlossen, dass auch ein Begriff wie "Gesamtausgabe" eines Tages einer Norm unterliegt. Eine Kollegin aus der Illustratoren Organisation diskutiert seit mehreren Jahren an einer DIN-SPEC [der Vorstufe einer DIN-Norm] zu "Einfache Sprache" mit ... also letztlich an einem Katalog derjenigen Kriterien, die erfüllt sein müssen, damit ein Text [und zwar oft auch ein bebildeter Text] als "einfach" gelten darf, er also von Personengruppen mit eingeschränkter Lese- oder Verständnisfähigkeit guten Gewissens erworben werden kann. Sobald aus diesem Kriterienkatalog eine Norm geworden sein wird, werden Leute, die zum Beispiel einen unveränderten Nachdruck von Kants Kritik der Urteilskraft als Werk in "einfacher, weil alter Sprache" vermarkten wollten, Probleme wegen irreführender Werbung bekommen.
Ich habe manchmal den Eindruck, dass die Diskussionen über die Aufmachung oder die Ausstattung von Heften, Alben oder Reihen von einem Wunsch nach Klarheit oder Eindeutigkeit befeuert werden, der nicht zu befriedigen sein wird.
Selbst Ölgemälde verändern sich im Laufe der Jahre ... und werden dann entweder restauriert oder eben nicht. Welcher "Zustand" ist dann der "letztgültige"? Und wird dieser Zustand auch in hundert, fünfzig oder dreißig Jahren noch als solcher gelten?
Und anzunehmen, es könnte eine "letztgültige" Fassung eines Comics geben ... das ist angesichts der Produktionsbedingungen, denen diese Form unterliegt, IMHO absurd.
Es gibt also nur die Optionen, entweder jede neue "Gesamtausgabe" in Augenschein zu nehmen, ob darin irgendetwas enthalten ist, das in vorigen Ausgaben nicht enthalten gewesen ist und das einen Neukauf rechtfertigt ... oder mit dem zufrieden zu sein, was im eigenen Regal steht, wie "lückenhaft" oder "zusammengesucht" es auch immer aussehen mag.
Aber zu sagen "Diese GA erfüllt nicht die Norm!" [oder etwas Ähnliches], das halte ich nicht für eine Option.
Aus gegebenem Anlass:
Im aktuellen Alfonz gibt es einen Satz von mir zu einer Episode aus Idées Noires von Franquin. Darin ist von einer "Seite" die Rede. Du könntest jetzt auf die Idee kommen, mich zu fragen, ob ich nicht besser von einem Halbseiter hätte schreiben sollen. Allein ... die Fassung, die ich beim Schreiben vor Augen hatte, war eine Seite, im Hochformat. Kurze Absprache mit Volker Hamann: Der Halbseiter entspräche der Originalveröffentlichung ... aber die Neumontierung der Panels im Hochformat stamme ebenfalls von Franquin selbst; er habe sie für eine spätere Druckfassung vorgenommen. [Die Neuanordnung ist dabei geradezu genial! Und IMHO hat Franquin dabei den Fluss der Erzählung in Hinsicht auf seine Erzählabsicht sogar noch verbessert.] Wir haben es also mit einer "Originalfassung" und einer "Fassung letzter Hand" zu tun. Welche ist jetzt die "gültige" Version?
Du wirst darauf hinweisen, dass in solch einem Fall eine der beiden Fassungen ja im Anhang dokumentiert werden könnte. Aber was, wenn, wie in den Idées Noires tatsächlich der Fall, die Hälfte aller Episoden in dem einen Format und die andere Hälfte in dem anderen Format vorliegt und einige davon vom Urheber selbst nachträglich umgearbeitet worden wären? Wann würdest Du anfangen, Dich verschaukelt zu fühlen, weil ein Großteil der Episoden in einer "Gesamtausgabe" zweimal abgedruckt worden ist?
Ich bin jedenfalls gespannt, wie die neue Ausgabe aussehen wird, die Carlsen im Februar bringen will ... und ob es dann hinterher wieder Hinweise geben wird, was alles noch fehlt und was eigentlich anders hätte gemacht werden sollen. Aber es gibt hier keine "absolute" Edition. Wer "alles" haben will, braucht mehrere unterschiedlich Ausgaben.
Langer Rede kurzer Sinn:
Ich fürchte, dass Timur Vermes in seinem Comicverführer auch aus therapeutischen Gründen eine kluge Bemerkung gemacht hat, als er darauf hingewiesen hat, dass außerhalb des deutschen Sprachraums von "guten" oder "schlechten" Leseerfahrungen die Rede ist, über die sich im Feuilleton oder in Diskussionsforen wie diesem ausgetauscht wird, während hier stets über "gute" oder "schlechte" Werke verhandelt wird, die irgendwie "optimiert" oder "verändert" werden sollten.
Ja, er hat den Gehalt der Werke gemeint, ich weiß ... aber könnte es nicht sein, dass die Diskussion über die Produktausstattung, in der die Werke präsentiert werden, trotzdem einem Bedürfnis geschuldet ist, etwas "Handfestes" zu haben, an dem sich leichter abgearbeitet werden kann als an einem, womöglich flüchtigen, Werk?
Nur lassen sich eben weder Werke noch einzelne Ausgaben durch eine Diskussion wirklich verändern. Nur die je individuelle Sicht auf sie. Oder die Bedeutung, die eine Sprachgemeinschaft einem Begriff wie "Gesamtausgabe" zuschreibt ...
Mit 1000 Grüßen,
JRN
Im Anschluss an den Beitrag Nummer 195 geschrieben ...
Geändert von JRN (03.01.2024 um 16:21 Uhr)
Im Grunde sind diese Beurteilungsprozesse ja längst im Gange. Zuletzt gab es diese Diskussion bezüglich der Gentlemen GmbH-Ausgabe. Aber auch immer wieder bei anderen, derzeit ja auch mindestens spekulativ bezüglich der Franquin-Neuausgaben bei Carlsen, speziell der GA-Bände, demnächst wird es irgendwann die Diskussion geben, ob zwei alternative Ausgaben von 5 für Infinito bei Kult nicht besser gewesen wären, als ein Zwangskauf beider Fassungen (sw und Farbe), besagte Franquin-Beispiele von dir finde ich hochinteressant und natürlich sind die Unterschiede der sw und Farbausgaben bei S+L's Corto Maltese geradezu umwerfend. Die sw-Ausgabe hat eine völlig andere Grundstimmung und Schraffuren, die die Farbausgabe nicht mehr hat und damit weist sie eine kunstvolle Skizzenhaftigkeit auf, so dass ich mich nach meiner(!) Grundstimmung zum Lesen der einen oder der anderen Version entscheide. Bei ganz strenger Auslegung des Begriffes Gesamtausgabe müsste man das Wort für nur eine der beiden Versionen ablehnen, denn Corto in sw und Corto in Farbe sind verschiedene Comics. Eine GA müsste zwingend beide Versionen enthalten, um die gesamte künstlerische Aussage des Werkes Pratts zu Hause zu haben.
Aber ich will mein positives Resümee von oben nicht abschwächen. Wir sammeln Comics auf höchstem Niveau, das kann man nicht anders sagen. Aber wir sind hier im CF auch höchst anspruchsvolles Volk (heißt, wir jammern auch auf höchstem Niveau). Was es vielleicht nicht ganz einfach macht, aber auch nicht nur schlecht ist.
Geändert von Exphilosoph (03.01.2024 um 17:06 Uhr)
@Jovis :
Mit 1000 Grüßen,
JRN
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