Joaa, "interessant" ist so einiges in unsrer bunten, weiten, kleinen Welt......:-D
Empfehlenswerte Titel sind jedenfalls „Der Mann der sein Leben ermordete“, Horrocks „Sam Zabel“ und Bells „The Voyeurs“. Joyce Farmer ist ebenso immer einen Blick wert, auch wenn „Besondere Jahre“ nicht unbedingt zu ihren besten Arbeiten gehört. „Waltz with Bashir“, der wohl "mainstreamigste" aller angebotenen Comics, dürfte trotz seiner teils kitschigen und pathetischen Inszenierung dennoch auf großen Zuspruch stoßen - halt in der breiten Masse zumindest. ;D Und für nen Fünfer macht der Crime affine Comicfreund mit den Vertretern der „S&L Noir“- Reihe auch nicht unbedingt viel falsch.
Hier mal ein paar, auf die Schnelle gefundene, billig rüber kopierte Eindrücke meinerseits und seinerzeit. Auch wenn meine Meinungsbildung heutzutage, fünf, sechs Jahre später, tendenziell eine leicht andere Wertigkeit/Richtung einschlagen könnte...
Aber so steht es nun mal im Internet geschrieben - - also wird’s wohl auch so stimmen. ;-D
Marilyn the Wild (S & L)
Ein fertiger, korrupter Ober-Bulle, der sein Viertel ebenso beherrscht und fest im Griff hat wie sein Polizeirevier. Seine, häufig in fremden Laken wälzende, Tochter Marilyn vögelt zu Zeit gerade einen aufstrebende Bullen, der ihrem Vater unterstellt ist. Eine Jugendgang mit Ski-Masken sorgt für Unruhe und bedroht die Lieblingsnutte des Kommissars, ebenso wie sein Mutter. Nebenbei macht das sonstige Gesindel den üblichen Stress. Schwarze Zuhälter, die Minderjährige auf den Strich schicken, Domino spielende Italiener, die Racheschwören und ein sensationsgeiler Reporter. Also harte Zeiten für den Kommissar, dessen Herrschaft langsam zu Bröckeln beginnt.
Ein Einblick in das New-Yorker Straßenleben, geprägt von Sex und Gewalt, der weder besonders spannend ausfällt, noch richtig Unterhaltsam ist. Eine klare Erzählstruktur gibt es ebenso wenig wie Identifikationsfiguren. Jeder ist auf seine Art eigennützig, sadistisch, gewalttätig, sexistisch. Kein Storyaufbau, kein richtiger Anfang und Ende, im Grunde wird nicht mal eine richtige „Geschichte“ erzählt. Und so bleibt man, nach dem Lesen, irgendwie unbefriedigt zurück, so richtig satt macht es nicht wirklich.
Nach außen gestülpte Hässlichkeit in der Totalen - Expressionismus in Wort und Bild
Der Band Zeigt eine Momentaufnahme, einen Ausschnitt, in dem die einzelnen Personen als Platzhalter zu verstehen sind. Im Vordergrund steht eine Kollage aus Angst, Dominanz, Unterwerfung und einer allgegenwärtig spürbaren Kaputtheit. Nicht direkt greifbar, rast diese in expressionistischen Bildern vorbei. Verzerrte Fratzen, tiefe Augenringe, teilweise zombie-haft mit grün-blauer Gesichtsfärbung, hektische Schraffuren und eine knallig bunte Farbgebung unterstützen diesen surrealen Eindruck. Aber weniger ein Traum und schon gar nicht verträumt, sondern eher das exakte Gegenteil. Hellwach und Ungefiltert. Kaum wird ein Eindruck angeschnitten, ist er im nächsten Panel schon wieder verworfen und weicht dem nächsten. Fast schon stakkato-artig ziehen die starr angeordneten Panels vorbei. Alles scheint von einer Unwirklichkeit überzogen zu sein. Ein Geheimnis wird gelüftet, und sogleich wieder vergessen. War es gelogen, erfunden - total egal, nicht weiter von Interesse. Ein nackter Mann der Stillleben malt oder ein Tischtennisspielender Karate Freak. Eine Karikatur einer Endlosschleife. Die vergangene Zeitspanne ist genauso nebensächlich wie die anwesenden Personen. Sicher ist nur die jederzeitige Wiederholbarkeit. Und so endet dieser Band konsequenterweise genauso wie er begonnen hat.
Grell, bunt, fertig, düster und unnahbar. Sicher nicht jedermanns Sache und schwer zu Greifen, aber definitiv mehr als einen Blick Wert. 7,5/10
Sam Zabel in: Der Königdes Mars (Egmont)
„In Träumen beginnt die Verantwortung“ – „Verlangen kennt keine Moral“
War das 2011 erschienene (sehr gute) „Hicksville“ schon ein Comic in Reinform und dadurch auch gleichzeitig eine Ode an sich selbst, legt Dylan Horrocks nun mit „Der König des Mars“ einen Titel vor, um endgültig den Kosmos der bunten Bilder mit ihrer Umgebung zu verschmelzen.
Ein Comic über Comics. Ein Comic über Comic Schaffende. Ein Comic über Comic Lesende. Ein Comic im Comic. Ein Comic in der Realität. Ein Comic in der Fantasie. Und ein Comic irgendwo dazwischen.
Geschickt spielt Horrocks mit bekannten Comic-Mechanismen, springt dabei kreuz und quer durch alle Genres, löst Barrieren und geht ganz nebenbei - auf verspielteste Art und Weise - der Frage auf den Grunde, inwieweit Fantasie und Träume in das wirkliche Leben hineinspielen. Und konsequenterweise natürlich auch andersherum. Dürfen kulturelle, moralische und gesellschaftliche Werte und Normen die Vorstellungskraft beeinflussen oder hat sogar die Missachtung dieser in fantastischen Szenarien Konsequenzen und Folgen auf die reale Existenz.
In der Fantasie erdacht, zur Realität geworden, um diese erneut fantastisch zu verarbeiten. Ein Kreislauf ohne Anfang und Ende, um zwangsläufig die essenzielle Ursprungsfrage zu stellen: Was war zuerst da? Die Zeichnung oder die Wirklichkeit? Mensch oder Comic? 8,5/10
Der Mann, der sein Leben ermordete (Edition 52) Vautrin, Moynot
Emmanuel Moynot, der die inoffizielle Nachfolge Tardis bei den Nestor Burma Umsetzungen antrat, versucht sich diesmal an der Adaption eines Romans von Jean Vautrin. Da tritt er ebenfalls ein schweres Erbe an. Lieferte uns Baru letztes Jahr mit „Bleierne Hitze“ ein, in jeder Hinsicht überzeugendes Comic ab, das ebenso auf einer Vorlage des gleichen Autors basierte. Gerüchten zufolge arbeitet Tardi selbst schon an einer weiteren Umsetzung, der Kreisbeginnt sich also zu schließen.
Story technisch feinste Crime-Noir Kost um einen Mann, von dem ehrlichsten aller Motive, der Rache, getrieben. Frisch aus dem Gefängnis entlassen und ohne jede Hoffnung deckt sich dieser erstmal mit einer Waffe ein und begibt sich auf einen Rachefeldzug bis zum bitteren Ende. Genretypisch bleibt er auf seinem einsam bestrittenen Weg nicht alleine, sondern wird, wie das Schicksal es so will, von einer Mehrzahl zufälliger Begegnungen gekreuzt. Unerwarteter Überraschungen inklusive.
Gerade diese Verstrickungen der Personen untereinander, die alle ihr eigenes Ziel, ihren eigenen Weg verfolgen, wissen zu gefallen und sind selten vorhersehbar. Es macht einfach Spaß diesem Konstrukt an schicksaalhaften Verknüpfungen zu folgen. Alles läuft schlüssig ineinander über und das eine führt zum anderen, ohne aber eben zu konstruiert oder gezwungen zu wirken.
Egal ob der, aus der Haft entlassene Gauner, der schmuddelige, erfolglose Privatschnüffler, leichte Frauen, ein, Menschen schmuggelnder Unternehmer, ein Autist oder der alles riskierende Cop, der seinen letzten großen Fahndungserfolg wittert....alle sind sie glaubhaft dargestellt und könnten auch so direkt bei mir umme Ecke kommen. ;)
Der, von Anfang an vorgezeichnete Weg wird zum Ende hin nochmals mit einer unerwarteten Wendung aufgebrochen und der titelgebenden Figur werden somit neue Möglichkeiten eröffnet. Konsequenterweise und genretypisch bleiben diese aber ungenutzt.
Die Schwachstellen sind eher die Zeichnungen. Dass sich Moynot an Tardi orientiert ist unübersehbar, dessen Klasse erreicht er aber nicht, kommt höchstens, in seinen besten Momenten, nahe daran. Dennoch kommt die Optik stimmungsvoll rüber, vor allem die harten Kontraste der beleuchteten Stellen gefallen.
Alleinig auf die Umsetzung als Comic bezogen kann er jedoch in keinerlei Hinsicht Barus „Bleierne Hitze“ das Wasser reichen. Dennoch ein stimmiger und toller Genrevertreter mit einer Story genau nach meinem Geschmack. 8/10
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