Es wird mal Zeit, dass ich ein paar Zeilen zu meiner Dezemberlektüre dalasse.
Locke & Key – Master Edition 1
Als großer Stephen King Fan hatte ich mit seinem Sohn Joe Hill meinen Erstkontakt bei einer Zusammenarbeit der beiden. Der klassische Highway-Horrortrip „Road Rage“ hat mir mächtig Spaß gemacht! Das zweite Zusammentreffen kam dann vergangenes Jahr zur Weihnachtszeit zustande, als Amazon Prime Video die Serie „NOS4A2“ – sprich Nosferatu ins Programm nahm. Die tolle Gruselserie mit phantastischen Elementen baut eine wunderbare Welt voller Atmo auf und versprüht an nicht wenigen Stellen den Charme der besten Arbeiten von Hills altem Herrn. Kurz darauf gab es bei Prime das erste Hörspiel zu Locke & Key kostenlos zum Antesten. Schon diese erste von sechs Folgen hat mich enorm angefixt und so war es klar, dass die Master Edition der hochgelobten Reihe den Weg zu mir finden musste.
Meine sowieso schon hohen Erwartungen wurden in keinster Weise enttäuscht. Es beginnt mit einem brutalen Schicksalsschlag gefolgt von intensiver Trauer, also einem Horror, wie er im wahren Leben ebenso stattfinden könnte. Dieser geerdete Horror zieht einen in die Geschichte – und dann beginnt es. Angefangen vom faszinierenden Worldbuilding mit massenhaft innovativen Ideen und allerlei Anspielungen auf Genregrößen wie H.P. Lovecraft und Stephen King über, glaubhafte Charaktere mit unterschiedlichen Problemen, Ansichten und komplexen Hintergründen bis zum schleichenden Grusel, der sich nach und nach in atemlose Spannung ausweitet. Einfach ein nahezu perfekter Pageturner in dem viel vom Stil des Vaters, und auch einige seiner häufig verwendeten Motive, erkennbar sind, ganz ohne wie eine simple Kopie zu wirken. Da ist ganz viel Fantasie am Werk! Von Zeichner Gabriel Rodriguez schick, modern und stimmig in Szene gesetzt, auch wenn das Artwork für mich nur überdurchschnittlich gut ist, keinesfalls so meisterlich, wie es an mancher Stelle bejubelt wird, aber das ist ja immer auch Geschmackssache. Ich freue mich auf jeden Fall auf die weiteren Ausflüge nach Lovecraft und werde mich mit dem Schaffen von Mister Hill wohl auch in rein literarischer Form mal etwas beschäftigen, angefangen mit Christmasland, der Romanvorlage zu „NOS4A2“.
9,5/10
Prinz Eisenherz Band 7 - Jahrgang 1949/1950
Diese beiden Jahrgänge beginnen mit der Spukschloss-Geistergeschichte außerordentlich humorvoll. Da wird die Magie dieser alten Tage schön auf die Schippe genommen und neben wundervollen Zeichnungen hat Meister Foster die Passage mit außerordentlich liebenswerten Charakteren ausstaffiert. Perfekte Wohlfühlunterhaltung vom Allerfeinsten, bevor es wieder richtig abenteuerlich wird.
Eisenherz‘ Auftrag das Land am Hadrianswall gegen die Pikten zu verteidigen bietet alles was ein großes Schlachtenepos braucht. Spannende Kämpfe voller Dramatik, geschicktes Taktieren und auch die Gräuel des Krieges werden, wenn auch zumeist nicht bildlich, nicht ausgespart. Dazu versäumt es Hal Foster nicht die Beweggründe beider Parteien zu beleuchten, wie es sich gehört.
Im nächsten Abenteuer wird es dann nicht nur wundervoll winterlich – passend zur Weihnachtszeit, - sondern auch wieder eine ganze Kante persönlicher für Prinz Eisenherz, aber ich will hier ja nicht alles verraten, nur so viel, dass Hal Foster weiterhin auf absolutem Höchstniveau abliefert, sowohl erzählerisch, als auch was die atemberaubend schönen Bilder angeht.
10/10
Locke & Key – Master Edition 2
Die Lage im Keyhouse der Familie Locke spitzt sich so langsam zu, schleicht sich das Böse doch klammheimlich mitten unter sie. Enorm spannend, weiterhin mit vielen tollen Einfällen gespickt und vor allem schafft es Joe Hill mit Perfektion die Charaktere zu entwickeln, mir ihre Hintergründe näher zu bringen und so eine Bindung zwischen denen und mir zu etablieren. Viel Fantasie, effektvoller Horror und beim Artwork sorgt Gabriel Rodriguez für etwas mehr Abwechslung als im Erstling. Das Storytelling ist vielleicht eine Nuance weniger dicht und das große Staunen ob der grandios erschaffenen Welt lässt minimal nach, dennoch wieder ganz großes Mystery-Horror-Fantasy-Kino.
9/10
Ein Jahr ohne Cthulhu
Ihr steht auf Lovecraft, Old-School Videogames und seid Rollenspieler der ersten Stunde? OK, man muss vielleicht kein Vollblut-Rollenspieler sein, aber wenn man mit der Thematik auch nur ein bisschen was anfangen kann, erhöht das den Spaßfaktor an diesem erstklassigen Werk T. Smolderen und A. Clerisse ungemein. Von der auf dem Buchdeckel so kryptisch umworbenen „Tragödie von Auln-sur-D'Arcq“ müsst Ihr nichts gehört haben, denn auch wenn Ihr Anno 1984 schon täglich die Zeitungen gewälzt habt werdet Ihr darüber schwerlich was finden. Eine Abneigung gegenüber neondurchtränktem Pop-Art-Werbegrafik-Style solltet Ihr allerdings nicht haben. Passt das alles zumindest so halbwegs auf Euch, dann werdet Ihr mit dem optisch mutigen (ich finde es mittlerweile großartig) Werk Eure helle Freude haben!
9/10
Locke & Key – Master Edition 3
Was soll ich zu diesem hammermäßigen, mich emotional enorm mitnehmenden Herzschlagfinale groß schreiben, ohne zu spoilern? Ich meine, wer die ersten beiden Bände gelesen hat und dennoch nicht wissen will, wie es mit den Lockes in Lovecraft zu Ende geht, mit dem ist eh etwas nicht in Ordnung. ??
Ich habe mitgefiebert, vor Spannung förmlich geschwitzt, konnte das Buch einfach nicht aus den Händen legen und habe sowohl vor Trauer als auch vor Erleichterung geweint. Eine wahnsinnige Achterbahnfahrt der Gefühle, die mich packt, kräftig durchrüttelt und selbst nach der letzten Seite noch nicht wieder loslässt. Meisterlich erzählter Knüller mit sehr gutem (wenn auch nicht meisterlichem) Artwork. Doch auch wenn ich bei den Zeichnungen noch leicht Luft nach oben sehe kann ich einem Werk, welches mich auf der Gefühlsebene so mitgenommen hat einfach nur die Höchstnote geben.
10/10
Die Weihnachtsedition: Weihnachtsgeschichten von Carl Barks – Band 1
Die Comics von Altmeister Carls Barks lese ich ja gerade in den Classic Taschenbüchern, seine Weihnachtsgeschichten wollte ich aber dennoch gerne in etwas größerem Formal und wertigerer Buchform als Hardcover haben. Ich finde es faszinierend mit welch pointierter Stilsicherheit Barks die Weihnachtswelt, ihre Werte und die damit einhergehenden Gefühle vermitteln konnte, wo er doch selbst nicht allzu viel für das Fest der Liebe hatte, wie man im Vorwort erfährt.
Trotz der allgegenwärtigen Gefühlsebene sprühen die Geschichten vor Witz und Charme, da darf es auch mal sarkastisch, deftig und klamaukig werden, der Slapstick tigert von einem Höhepunkt zum Nächsten und doch wird die Kurve jederzeit rechtzeitig genommen, der Weihnachtsgeist eingefangen und sogar gesellschaftskritische und soziale Themen eingearbeitet. Paradebeispiel hierfür sind sicherlich die „Geschenke für Kummersdorf“, bezüglich derer ich mich der allgemeinen Lobpreisungen nur anschließen kann, vollkommen zu Recht ein gefeierter Klassiker.
Ein persönliches Highlight hatte ich selbst dann noch mit „Rat Einmal!“. Die Geschichte ist eine der ganz wenigen Duck-Geschichten, die mir aus meiner eigenen Kindheit noch nahezu perfekt in Erinnerung geblieben ist. Ich hatte damals irgendein ziemlich zerfleddertes Sonderheft mit Weihnachtsgeschichten und da gab es zwei oder drei, die sind einfach hängen geblieben. Diese gehörte dazu und mir ging beim neuerlichen Lesen jetzt gleich mehrfach das Herz auf. Zum einen, weil es mich ab der ersten Seite wieder gepackt hat, ich mich sofort zurückversetzt fühlte in meine Jugend, andererseits weil ich mich dadurch daran erinnerte wieviel Zeit ich mit dem Metallbaukasten verbrachte, den ich in diesem Jahr zu Weihnachten geschenkt bekam, weil ich sooo lange darum bettelte (meine großartigste Konstruktion daraus war schließlich eine Satellitenschüssel, deren Drehmechanismus durch E-Motor leider nicht perfekt funktionierte, da hatte ich irgendwas zu stramm angezogen), das größte Geschenk war allerdings, dass unser Krümelchen, dem ich die Geschichten jetzt zur Weihnachtszeit vor dem Einschlafen immer vorlese, bei der Geschichte öfter herzlich gelacht hat als bei allen anderen. Das Glucksen und Jauchzen verbunden mit dem Wackeln, weil sie beim Vorlesen auf meiner rechten Schulter liegt – herzerwärmender kann ein Adventsabend einfach nicht sein.
10/10
Locke & Key – Himmel und Erde
Als Nachschlag zum Meisterstück gibt’s von Panini ein schickes, schlankes Hardcover mit drei in sich abgeschlossenen Kurzgeschichten, die uns erneut nach Lovecraft und in die Welt von Locke & Key entführen. Die Geschichten spielen zu unterschiedlichen Zeiten, wodurch wir die Protagonisten der Hauptreihe nur in der letzten der drei Stories wieder treffen dürfen. Nichtsdestotrotz ist die enorm traurige Einstiegsgeschichte mein persönliches Highlight. Der coole Gangsterstreifen mit Horror-Touch macht enorm viel Spaß und könnte auch aus der Feder Quentin Tarantinos entsprungen sein und wie eingangs erwähnt treffen wir im lustig-schaurigen Shorty zum Finale die Geschwister Locke mal wieder. Insgesamt ein rundes Ding, welches zusätzlich schönes Bonusmaterial zur gesamten Reihe bereithält. Keine zusammenhängende, erzählerische Großtat, aber eine schöne Ergänzung zum Hauptwerk, die das wohlige Gefühl hinterlässt ab und an in diese wundervolle Welt zurückkehren zu können.
8/10
So, das war jetzt mal wieder so „mittelausführlich“, um meinem Gelesen-Stapel Herr zu werden werde ich aber mal wieder auf kurze Meinungsbekundungen im Telegrammstil zurückgreifen müssen. Als nächstes stehen mal wieder Ausflüge in das Hellboy Universum auf der Agenda.
VG, God_W.
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