Die Handlung an sich wird überzeugend abgeschlossen. Die Gutartigkeit des Geistes ist überraschend, ergibt aber auch Sinn und ist eine nette Abwechslung zu den rachedürstenden seelischen Überbleibseln, die Geister so oft sind. Es hat mich ziemlich an Guten Morgen, Dornröschen erinnert, obwohl in dieser das Geisterthema noch ein Stück besser dargestellt wurde - insbesondere schien mir ein klarerer roter Faden vorhanden zu sein; das aber nur rein subjektiv.
Interessant fand ich die Rolle von Hana sozusagen als moderner Fährmann des Hades, auch wenn mir nicht wirklich klar geworden ist, warum er/sie so scharf drauf ist, Leute ins Jenseits zu bringen.
Narusawa zeigt hier etwas mehr Emotion, so viel, wie es sein natürlich kühles Wesen zulässt, indem er vor Shinichiro aufgrund seiner Nahtoderfahrung weint oder in der Vergangenheit mit einer streunenden Katze lacht. Ich hatte nie eine leidenschaftliche Liebeserklärung von ihm erwartet - das Wenige, was wir bekommen, reicht mir persönlich. Dafür war Shinichiro ja umso emotionaler.
Außerdem folgt hier tatsächlich die vielfach gewünschte Sexszene. Interessant finde ich da den Satz "Wenn man diese 'letzte Grenze' als etwas Wichtiges sieht, macht man sich nur selbst etwas vor". Wie das wohl gemeint ist? Die 'letzte Grenze' ist wohl der Sex, aber Shinichiro sieht ihn offensichtlich als etwas Wichtiges an. Eventuell ein Seitenhieb auf seine allzu starke Fokussierung darauf als Endziel statt einem weiteren kleinen Schritt in einer Beziehung?
Isadore und die Vorkommnisse von Band 4 wurden allerdings überhaupt nicht aufgearbeitet. Stattdessen sollen wir wohl akzeptieren, dass ohne Charakterentwicklung seinerseits jetzt alles glatt läuft, was mir doch ziemlich schwerfällt.
Aber wenn auf viktorianische Schriftsteller wie hier Oscar Wilde hingewiesen wird, bin ich ja auch schon glücklich. :3 Passt ja auch in dem Fall~.
Im Nachwort zeigt sich die Mangaka dann nochmal von ihrer philosophischen Seite. Allgemeine Philosophie und (Meta-)physik ziehen sich durch die ganze Reihe und bieten, neben der Geistergeschichte, die größte Differenzierungsquelle für sie auf dem BL-Markt. Wie im Nachwort aufgezeigt wird, können mittels Zweifeln an den menschlichen Sinnen und deren Fähigkeit zur Verarbeitung von Reizen unsere Kenntnisse der Physik, besonders der Quantenphysik, infrage gestellt werden und sogar unsere potentielle Fähigkeit, diese Gebiete zu ergründen. Hach ja, die gute alte Plato-Weltsicht. Ich bin kein Philosoph, sondern Chemiker, deswegen geht's mir ganz wie den Charakteren und der Mangaka: Wir haben keine Wahl, als unseren Sinnen zu trauen und so eine Wahrheit zu ergründen, die vielleicht nicht komplett objektiv ist, aber zumindest für die Menschheit. Und laut ihr schließt das auch die Liebe mit ein. Mir hat jedenfalls sehr gefallen, wie diese Ausschweifungen in die Geschichte eingebunden wurden.
Lesezeichen