Der Überfall im Theater
Schon der Titel dieses Heftes lässt vermuten, dass sich Lothar Dräger dem Thema liebend gerne hingegeben haben müsste. Auch Edith Szafranski (Hegens spätere Ehefrau), die seit März 1957 im Zeichnerteam war, wird als ehemalige Kostümbildnerin der Deutschen Staatsoper mit Sicherheit sehr engagiert an der Gestaltung mitgewirkt haben. Besonders wirksam kommt das Zusammenspiel der zwei Handlungsebenen herüber. Da haben wir das "wirkliche" Drama, eine faustdicke Intrige bei der die schöne Seifenfabrikantentochter Olivia zum Zwecke einer kräftigen Lösegelderpressung durch Seeräuber, deren Käptn im Nebenberuf Polizeipräfekt ist, entführt werden soll. Feinde des somit finanziell geschwächten Schamponius wollen verhindern, dass sich dieser genügend Wahlmännerstimmen für den Senat erkauft. In einer Nebenhandlung buhlen gleich drei Verehrer um die Gunst der (neapolitanischen?) Schönheit. Rollentausch, Entführung und sonstige Verwicklungen werden nun in das "gespielte" Drama, das Theaterstück "Raub der Nymphenkönigin" transportiert....
Die Liebe der Römer zum Theater haben sie griechischen Einflüssen verdanken, im Gegenzug beeinflussten sie wiederum die gesamte europäische Kultur bis in die heutige Zeit.
Das Theater hatte in der DDR einen festen und sicheren Platz (siehe auch: "Die Bühnenrepublik: Theater in der DDR"). Schon in der sowjetisch besetzten Zone nach dem II. Weltkrieg, waren bis zum April 1946 über 100 Theater eröffnet oder wiedereröffnet worden. 1982 (in Ermangelung einer Angabe für das Jahr 1958) bestanden in DDR 178 Theater (einschließlich der Spielstätten an bestehenden Theatern, davon 65 selbständige Theater mit eigenen Intendanten).
Bevor unser Stück beginnt, treffen wir an der Seite von Dig, Dag und Teutobold auf Persilius, um gemeinsam mit ihm in den Süden der Provinz Campanien zu wandern. Über diesen lustigen Burschen wird noch einiges zu berichten sein, doch für mich gipfelt sein erster Auftritt mit der überzeugenden Fleck-Weg-Werbung, die sich an Politiker und Staatsmänner richtet. Auch wenn dieses Zaubermittel noch heute reißenden Absatz finden würde, 1958 ha(ä)tte es sich schon zigtausendfach bewährt, denn die Entnazifizierung galt schon lange als abgeschlossen. Hier noch ein Link, der einmal die Verfahrensweisen in einem begrenzten Raum der SBZ (Pirna) aufzeigt. Persilius, dessen Name sich natürlich von 'Persil', dem ersten selbsttätigen Waschmittel (seit 1907 bekannt) ableitet, hat witzigerweise noch eine zweite Verbindung zur Entnazifizierung, den Persilschein. Wenn wir heute von 'einen Persilschein haben (oder ausgestellt bekommen)' sprechen, meinen wir: eine weiße Weste haben / unbescholten, 'reingewaschen' sein. Gerade in der Zeit der Entnazifizierung (nach 1945) war der Begriff: 'einen Persilschein ausgestellt bekommen' in Deutschland eine gängige Redewendung, die eine 'reingewaschene' politische Vergangenheit bescheinigte. Entgegen der Darstellung des Net-Lexikons liegt der Ursprung des Begriffes: 'Persilschein' aber noch in der Zeit des II. Weltkriegs. So war es üblich für die einberufenen Soldaten, einen Karton (oft mit einem Werbe-Aufdruck des vielgenutzten Waschmittels: 'Persil') für den Transport der eigenen Habseligkeiten zur Kaserne zu nutzen. Im Soldatenjargon wurde also aus dem Gestellungsbefehl der 'Persilschein'.
Berlin, August 1958: was sonst noch passierte ....
In der Zeit vom 24.5.2004 bis 30.5.2004 werden an dieser Stelle die begehrten Persilscheine für die Teilnahme an der Heftdiskussion "021: Der Überfall im Theater" vergeben.
- In der Sporthalle an der Stalinallee (Karl-Marx-Allee, Friedrichshain) wird die erste »Berliner Modewoche« eröffnet. Durch diese Veranstaltung sollte die Hauptstadt der DDR (Ost-Berlin) zum Modezentrum des Landes werden.
- Der Magistrat übernimmt eine Regelung des DDR-Verkehrsministeriums, nach der Autos, die nur als Taxis verwendet werden, mit einem schwarzweißen Karostreifen zu kennzeichnen sind.
- In West-Berlin werden nach den Bestimmungen des Kassenarztgesetzes die Polikliniken endgültig geschlossen. Von den ursprünglich 44 Polikliniken blieben nur die 18 Universitätspolikliniken in Betrieb.
Nicht vergessen: Orlandos Sicht der Dinge zu kennen, bringt eindeutig Vorteile in der Diskussion und man kann immer etwas lernen, diesmal über Persil(ius) ! Auf der Homepage von Tangentus wird die Geschichte auf den Punkt gebracht.
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