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Thema: Comic-Stammtisch Extra: Die neuen Spirou

  1. #76
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    Die steinernen Riesen:

    Ich will dem Gefühl der Irritation (ist dies der "wahre Spirou"?), die dieses Abenteuer ja offenbar nicht nur bei mir ausgelöst hat, noch kurz nachgehen.
    Bisher äußerte ich ja lediglich Gründe, die im Graphischen lagen.
    Von dort lässt sich jedoch durchaus eine Brücke zu Vehlmanns Anteil an der Figurencharakterisierung in dieser Geschichte (und wieder zurück) schlagen.

    In gewisser Weise harmonieren die mich leicht befremdenden Figuren-Interpretationen Yoanns mit den von Vehlmann vorgenommenen Veränderungen.
    So scheint es sich bei Spirou und Fantasio nicht mehr um gleichaltrige Freunde zu handeln, sondern vielmehr um einen recht jungen Erwachsenen (Spirou; man beachte sein Schuhwerk!) und einen diesem privat etwas näher stehenden älteren Kollegen (Fantasio).
    Der Erstere ist noch voll des jugendlichen Idealismus, der Letztere denkt sehr pragmatisch.
    Das war natürlich alles schon vorher da, aber nie in dieser Ausprägung.
    Insbesondere Fantasios Tendenz in diesem Abenteuer den "bequemen Weg" zu gehen, zeigt ihn als einen von Reichtum und weiblichem Charme nahezu korrumpierten Menschen.
    Auch wenn Fantasio immer etwas einfacher gestrickt war als sein Pagen-Freund, so wusste er zuvor doch sehr viel schneller zu bestimmen, wo die Grenzen von Gut zu Böse gezogen werden müssen.

    Zu dieser Düsternis des Charakters passt die Dunkelheit der Szenerie.
    Die Kolorierung ist auf manchen Seiten nahezu monochrom, die erdfarbenen Töne lasten schwer auf dem Papier, das Meer liegt in unheimlich-feindlichem Dunkel.



    Es sollte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass die französische Covergestaltung sich in zumindest einem Punkt wesentlich von der deutschen unterscheidet:
    Dort, wo bei uns Spirou + Fantasio mit einem kleinen Zusatzvermerk: "Spezial" darunter steht, nämlich in einer sich von der regulären Serie kaum zu unterscheidenden Titelleiste, finden wir in der Originalversion ein "Une aventure de Spirou et Fantasio par Yoann et Vehlmann", was den einzigartigen Charakter dieser Interpretation durch die augenfällige Bezugnahme zum Autorenteam klar herausstellt.

    Ein bisschen erinnert mich dies an die sog. Elsewhere-Interpretationen eines Batman. In diesen verpflanzt DC seinen Fledermaus-Helden in ungewöhnliche (zeitliche und örtliche) Umgebungen. Sein Charakter nimmt dabei zwar kaum Schaden, wird aber dennoch entsprechend dem Grad der Fremdartigkeit des neuen, ungewohnten Milieus verformt.
    Ich nehme an, dieser Eindruck wird sich durch die kommende Version LeGalls verfestigen.

  2. #77
    Mitglied Avatar von Matbs
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    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Ein bisschen erinnert mich dies an die sog. Elsewhere-Interpretationen eines Batman.
    Elseworlds.
    Gibt´s übrigens nicht nur für Bats.

  3. #78
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    Elseworlds, klaro.
    Schon das 2. Anzeichen von Demenz in weniger als einer halben Stunde.

    Time's up, Felix.

  4. #79
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    Auf dem Cover sieht Spirou aus wie ein Rucksack-Tourist, Fantasio dagegen mit Pfeife und Anzug wie ein gesetzter Herr. Dazu wendet er dem böse dreinblickenden Spirou den Rücken zu.

    Gut, auch Freundschaften können sich im Laufe der Zeit verändern. Soll ja vorkommen.

    Aber daß das auch für Comic-Helden gilt ...

  5. #80
    Moderator Finix Comic Club Avatar von joox
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    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Oh ja, bitte klont ihn!
    Au ja!!!! Ich bin inzwischen schon 10 Jahre lang am mühsamen Verkraften, dass es keine neuen Gaston-Strips mehr geben wird!! (Er war mein Kindheits-Idol!! Vor allem seine Arbeitseinstellung..)
    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Also ich halt diese Nebendiskussion gar nicht für so schlimm, zumal ja ein paar Mitglieder unseres kleinen Debatier-Klubs auf das Thema eingegangen sind.
    Genauso wie hip den Stammtisch etwas früher als geplant gestartet hat kann er ihn ja auch verlängern.
    Er hat ja bereits mehrfach geschrieben, dass er sich da ein bisschen der Entwicklung einer Diskussion anpassen würde.
    Noch mal: Au ja!!
    Jetzt bin ich endlich mit dem Diskussion-Hinterherlesen nachgekommen, wenn ihr datt Ganze noch weiterhin so nen Monat in die Länge zieht, bin ich auch wieder voll dabei!!

  6. #81
    Mitglied Avatar von Matbs
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    Na ja, so alt sieht Fantasio dann auch wieder nicht aus - aber es stimmt, die Version von Yoann ist weniger alterslos als die meisten vorigen Inkarnationen, das ist dann aber auch gerade das, was mir an diesem Charakterdesign so gut gefällt: Dadurch dass er aussieht wie jemand Anfang 30 (ein Freund von mir hat praktisch genau dieselbe Frisur ), wirkt er auf mich irgendwie nahbarer, das verortet in etwas mehr in einer nachvollziehbaren Realität (die zudem auch noch grob in einer Lebensphase einzuordnen ist, die meiner persönlichen Lebenswirklichkeit entspricht, das gibt extra-Bonus).
    Wie bereits an anderer Stelle angemerkt: Noch besser gefällt mir lediglich das brilliante Charakterdesign des Grafen, der mit seinen zurückpomadierten Haaren (merke: Ältere Herrschaften pomadieren, jüngere gelen) und dem englisch-aristokratischen Gesichtsausdruck ein bisschen weniger tüdelig und mehr nach Wissenschaftler auf der Höhe seines Schaffens aussieht. Ganz groß!

    Ansonsten finde ich felix Interpretation zum Verhältnis unserer Helden recht gut, möchte allerdings anmerken, dass ich Begriffe wie "beinahe korrumpiert" oder "düster" eher nicht verwenden würde. Stattdessen würde ich sagen, dass Fantasio hier entsprechend seinem etwas höheren Alter erwachsener wirkt, und entsprechend mehr als Spirou auf die Kompromisse des Erwachsenseins eingeht (damit schlägt Vehlmann praktisch genau den entgegengesetzten Weg zu Morvan ein, der Fantasio in Spirou in Tokio ja zu einem kaufgeil-infantilen Hanswurst degradiert) - er hat einen Job, und folgt eben der Partei, die die bessere Story verspricht. Auch das finde ich wieder sehr gelungen und nachvollziehbar, zumal es die von T & J begonnene sanfte Distanzierung der beiden Hauptcharaktere aufgreift und weiterentwickelt, wovon die Figur Fantasio m.M.n. sehr stark profitiert, da er eben nicht mehr nur Anhängsel des Haupthelden Spirou ist. Entsprechend ist damit zumindest für mich auch der respektvolle Umgang mit der Historie der Serie gewährleistet, wobei der Bezugspunkt eben nicht die Franquin-Ära ist, sondern die von T & J - warum auch nicht?
    Deshalb: M.M.n. nicht unbedingt düster (das wäre eher Jagd auf Spirou, sondern einfach nur ein kleines Stück erwachsener (auf eine äußerst positive Art und Weise).

    Noch mal kurz zum Zeichenstil: Wie bereits erwähnt, den mag ich sehr gerne. Yoann modifiziert den runden, weichen Stil, den er z.B. bei Toto das Schnabeltier hatte hier deutlich, wobei er sich vor allem vom modernen, schraffurlastigen Strich und der dichten Kolorierung eines Larcenet oder Blain beeinflussen lässt (etwas Ähnliches hat er auch bei seiner Serie La Voleuse du Père Fauteuil gemacht, wo er allerdings noch deutlich stärker karikaturhafte Elemente einbaut). Das Endergebnis ist in der Tat ein sehr ungewöhnlicher Look für Spirou, der aber sehr anspruchsvoll und dynamisch ist, und gleichzeitig völlig neue Akzente setzt. Wie gesagt: Ich find´s super, rundum gelungen, eine Augenweide!!!

    Zitat Zitat von Kaschi Beitrag anzeigen
    Dazu wendet er dem böse dreinblickenden Spirou den Rücken zu.
    Na komm, das ist aber doch eine klassiche Buddy-Movie-Filmplakatspose, da würd´ ich jetzt aber nichts reinlesen wollen.




    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Elseworlds, klaro.
    Quitt !
    Geändert von Matbs (08.05.2007 um 07:20 Uhr)

  7. #82
    Moderator Finix Comic Club Avatar von joox
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    Zur Modernisierungs-Diskussion: Tendiere da ein bisschen in Kaschis Ecke. Auf mich wirken die Franquin-Abenteuer jetzt nicht zwangsläufig angestaubt! Außerdem bin ich so´n bisschen allergisch auf die gängige Kommerz-Gleichung der Verlagsoberen: Modernisierung = Äkschn, Äkschn und nochmal Äkschn
    Ich meine gelesen zu haben, dass auch hipgnosis dies bei den besprochenen Alben vor allem auf das Ende bezogen als Minus angesprochen hat. Seh ich ähnlich: Wieso immer dieses oft aufgesetzt wirkende SHOWDOWN!!????


    Zitat Zitat von Matbs Beitrag anzeigen
    Na komm, das ist aber doch eine klassiche Buddy-Movie-Filmplakatspose, da würd´ ich jetzt aber nichts reinlesen wollen.
    Wollt´grad sagen...Spirou erinnert mich irgendwie ein bisschen an Julia Roberts und Fantasio ist fast so lässig wie Richard Gere!
    Na wenn das keine Gelegenheit ist, hier jetzt was "reinzulesen"!
    Geändert von joox (07.05.2007 um 22:34 Uhr)

  8. #83
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    Zitat Zitat von joox Beitrag anzeigen
    Wollt´grad sagen...Spirou erinnert mich irgendwie ein bisschen an Julia Roberts
    Na, hoffentlich liest das Julia Roberts nicht!

  9. #84
    Mitglied Avatar von Matbs
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    Zitat Zitat von joox Beitrag anzeigen
    Ich meine gelesen zu haben, dass auch hipgnosis dies bei den besprochenen Alben vor allem auf das Ende bezogen als Minus angesprochen hat. Seh ich ähnlich: Wieso immer dieses oft aufgesetzt wirkende SHOWDOWN!!????
    Einen echten Showdown, bei dem sich die "good guys" und die "bad guys" gegenüberstehen, sehe ich bei den vorliegenden Bänden eigentlich nur bei Spirou in Tokio, dort finde ich ihn allerdings nicht besonders gelungen, da er furchtbar aufgesetzt und gezwungen daherkommt, und zudem in dieser Form sehr untypisch für ein Spirou-Abenteuer ist (aber dazu vielleicht später noch mal mehr).

    Zurück zu den Steinernen Riesen - erstmal noch ein Nachtrag zur grafischen Seite: Ein weiteres Charakterdesign, das neuartig ist und mir extrem gut gefallen hat, ist übrigens auch Pips, dessen Look sehr viel tierartiger wirkt, womit die antropomorphe Kindchenschema-Assoziation, die das klassische Cartoon-Eichhörnchen-Design mit sich bringt, natürlich kaum noch zum Tragen kommt. Das entspricht einerseits seiner etwas weniger prominenten Rolle, und unterstreicht andererseits die Besonderheit, dass hier jemand ein freilaufendes Eichhörnchen (und eben nicht nur einen weiteren, zufällig fellbesetzten aber ansonsten menschlichen agierenden Cartoon-Charakter) dabei hat.

    Ebenfalls exzellent finde ich auch den Look der unterseeischen Monolithen, der Wuchtigkeit und eine leicht beunruhigende Fremdartigkeit miteinander verbindet, die stark an die großartigen Designs eines Mike Mignola erinnert, und die ihrerseits hilft, eine sehr dichte und stimmungsvolle Atmosphäre zu schaffen.




    Zum Inhalt: Eine klassische Schatzsuche mit zwei Parteien, die eindeutig von Indiana Jones inspiriert ist (eine Tatsache, die die Autoren freimütig mit der äußerst lustigen "Martin und seine Peitsche"-Episode [Seitenzahlen hab´ ich grad nicht, sorry] einräumen).
    Das ist in dieser Form was Neues für Spirou, andererseits passt das Schema natürlich bestens ins abenteurlastige Konzept der Serie. Als hilfreich erweist sich hier die Entscheidung, Fantasio bei Callaway anheuern zu lassen, denn das erlaubt es plausibler, beide Parteien im Verlauf ihrer Suche zu zeigen, auch wenn sich nicht direkt interagieren.
    Die Wahl des Settings folgt dabei ein bisschen der von T & J begonnenen Tradition, Spirou gezielt an Orte zu führen, wo er vorher noch nicht war (in diesem Fall Neuseeland), auch das mag ich.

    Was den Plot angeht, den finde ich, wie bereits erwähnt, rasant und spannend, und im Gegensatz zu hipgnosis hat mich der Knall am Ende (der seinerseits wieder was von einem klassischen Monstermovie hat) richtiggehend begeistert: Fabelwesen UND versunkene Zivilisation sind schließlich immer besser als nur versunkene Zivilisation, besonders wenn die Helden die Monster am Ende nicht mit einer Bazooka erlegen und als strahlende Sieger dastehen .
    Humormässig ist das ganze Verständlicherweise etwas zurückgenommener als die manischen Abenteuer und der Ägide von T & J, aber zumindest für mich waren immer noch mehr als genug Lacher drin, die auch größtenteils gezündet haben (womit die steinernen Riesen deutlich besser dastehen als Spioru in Tokio, das sowohl von der Verteilung als auch der Qualität des aufgefahrenen Humors wenig zu bieten hatte [aber auch dazu später mehr]).

    Fazit: Ein kluge, versierte und zutiefst unterhaltsame Hommage an den Spirou bon Tome und Janry, die mich sowohl inhaltlich als auch zeichnerisch voll und ganz überzeugt hat.
    Auch wenn ich das an anderer Stelle schon mal gesagt hab´: Der eindeutig beste Spirou seit über zehn Jahren!!!!
    Geändert von Matbs (09.05.2007 um 09:35 Uhr)

  10. #85
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Thumbs up

    Zitat Zitat von Matbs
    .... als Spioru in Tokio, das sowohl von der Verteilung als auch der Qualität des aufgefahrenen Humors wenig zu bieten hatte [aber auch dazu später mehr])..
    Spioru passt sogar sehr gut nach Tokio


    Sorry kann mich erst heute wieder mehr einschalten.

    Vorweg die Bestätigung einer jederzeit möglichen Verlängerung dieses Extra-Threads!
    Gerade eine tiefgreifende Diskussionsrunde über die jeweiligen Titel hinaus war für mich ein Hauptziel, weshalb ich damals so engagiert versuchte selbst felix von diesen Extra-Stammtischen zu überzeugen

    Ich denke schon, daß wir mit dem bisherigen Verlauf sehr in die erhoffte Richtung einschlagen und möchte natürlich vermeiden, daß wir die Diskussionsfreude durch irgendetwas kontraproduktiv beeinflussen.
    Warten wir mal vorsichtig ab - wie weit wir diese Woche kommen - ich denke wir können Angela (Bunte Dimensionen) sicherlich noch mal um eine Woche nach hinten legen.
    Ich werde den Titel dann auch nur grob vorbereiten und sollte sich wider Erwarten dieser Thread hier vorzeitig auflösen, setze ich Angela unverzüglich ein. Ansonsten verschiebe ich ihn nun auf den 19.05.2007, was dann auch für die folgenden Titel eine Woche nach hinten bedeutet - OK!?!

    Aber am 19.05.2007 wird er dann defintiv spätestens starten - d.h. nicht das wir den Spirou-Thread hier readikal beenden werden.
    Wir sind ja erprobt in einer Parallel-Diskussion - nur zu jetzigem Zeitpunkt denke ich auch das wir noch viel zu tief mit der Materie beschäftigt sind und ein weiterer Thread eher stört!

    Zu den Alben werde ich erst heute abend wieder etwas beitragen können, aber wie Matbs schon sagte - wir sollten auf alle Fälle auch diese ausführlich beleuchten.
    Finde die rückblickenden Vergleiche mit den jeweiligen Zeichnern, Epochen usw. aber bisher sehr informativ und unterhaltsam.

    Also mir bereitet der Thread sehr viel Spaß und er unterstützt doch sehr der chronologischen Aufarbeitung von Spirou! Weiter so!!
    Geändert von hipgnosis (08.05.2007 um 10:29 Uhr)

  11. #86
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Bevor wir vielleicht zu Spirou in Tokio rüberschwenken, möchte ich zumindest auch für Die steinernen Riesen mein Fazit ziehen.

    Unter der Prämisse das es sich um eine Art Spezial-Album oder Hommage oder Projekt handelt, kann ich es schon ganz gut für mich einordnen.
    Insofern finde ich es auch durchaus gelungen und lesenswert.

    Im direkten Vergleich zu anderen Spirou-Alben, vor allem von Franquin, aber auch von Tome + Janry kann es mich dann doch nicht richtig begeistern.
    Ich kann selbst gar nichts daran ändern, aber obwohl ich die Andersartigkeit alssolche völlig akzeptiere und auch vom Grundgedanken her interessant finde (mir gefallen auch sehr die hier schon im Zusammenhang erwähnten Elseworld-Stories!), habe ich auch ständig den Spirou im "gewohnten" Zeichenstil im Hinterkopf.

    Und gerade in den Zeichnungen ist dieses Album extrem weit von allen bisher gelesenen Spirou-Werken entfernt - und leider in eine Richtung die mir nicht sonderlich gut zu gefallen weiss.
    Vielleicht stört mich dies instinktiv auch am meisten - denn in der Storyline sehe ich auch wie Matbs und andere hier durchaus eine interessante und spannende Handlung.
    OK - das Ende stört mich bekanntlicherweise sehr und es verliert dadurch für mich leider auch viel vom Reiz der kontinuierlich aufgebauten Mystery-Story, die hier allzusehr ins Banale und trashige der vielen C-Pictures abdriftet.
    Dennoch überwiegt storytechnisch ein positiver Eindruck - und unter der Annahme der Autor wollte die Story mit einem Paukenschlag enden lassen, kann ich zähneknirschend auch das Ende verkraften!

    Für mich liegt der Reiz hauptsächlich in dem o.g. Projekt-Charakter, der an sich eine gelungene Abwechslung und auch eine individualistische Brise in die doch schon sehr langlebige Serie einhaucht.

    Obwohl ich mir das Album immer wieder kaufen würde, mag ich es dennoch nicht besonders gerne - es geniesst für mich mehr Anschauungs-Charakter - in etwa was gibt es für Variationsmöglichkeiten.
    Daher würde ich es nur mit 6/10 bewerten wollen.

    Allerdings gestehe ich den Künstlern jederzeit zu, daß sie sehr ambitioniert zu Werke gingen und das sie m.E. ein sehr kontroverses Album in einer oftmals stark mainstreamlastigen Serie etablierten.
    Sie haben es verstanden die Protagonisten auf ihre ganz eigene Art + Weise zu interpretieren und dafür gebürt ihnen grosses Lob.
    Würde man den Anspruch der Autoren und die Umsetzung separat bewerten würde ich ohne Zögern von einer sehr gelungenen Arbeit sprechen und sicherlich Höchstnoten verteilen.
    Die Crux liegt einfach darin, daß ein solch gewagtes Experiment durch seine Extravaganz auch sehr die Leser in ihrer Einschätzung spaltet.

    Eigentlich kann man das Album nur mögen oder nicht - es lässt nicht zu das man wie bei vielen gleichgestalteten Comics aus reiner Routine es ganz OK oder irgendwie mittel empfindet.

    Von daher kann ich auch durchaus Matbs Begeisterung nachvollziehen - jemanden der wie ihm der Zeichenstil so sehr zusagt, kann eigentlich nur Höchstnoten für das Album verwenden.

  12. #87
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    hip scheint ja die meisten Probleme mit der graphischen Umsetzung des Albums gehabt zu haben.

    Mir geht's genauso.

    Nichts gegen frischen Wind, aber was Yoann in den steinernen Riesen gemacht hat, ist mir dann doch etwas zu stürmisch.
    Das soll nicht heißen, dass er mir meine Vorstellungen wie ein Spirou auszusehen hat, zu radikal umkrempelt.
    Da lasse ich mich gerne überraschen.

    Das Problem liegt tiefer.
    Sein hier angewandter, doch sehr fetziger Stil will mir nicht so wahnsinnig gut gefallen.
    Er ist mir oft zu grob-(z.B. Seite 40, Bild 1) und großflächig (z.B. S. 34), zeichnet zu wenig Detail und Hintergrund (z.B. S. 10) und manch ein Bild sieht richtiggehend misslungen aus (ich erwähnte bereits die Personenzeichnungen auf S. 58, Bild 2 und S. 59, Bild 2).
    In seinem Spirou offenbart sich m.E. mindestens ein entscheidender Unterschied zu seiner Serie Toto, das Schnabeltier.
    Totos Geschichten sind gemalt, nicht gezeichnet.
    Beim gemalten Comic ist Detailreichtum nicht in gleichem Maße wichtig, ja, er könnte ein Bild sogar leicht überfrachten.
    Beim gezeichneten Comic darf's schon ein bisschen mehr sein.

    Hätte Yoann das gesamte Album in einer dem Frontispiz ähnlichen Weise gestaltet, es wäre ein einziger Augenschmaus gewesen!

    Dennoch:
    Bei aller Kritik will ich nicht den Eindruck vermitteln, dass ich das Album für graphisch misslungen halte. Yoann ist z.B. in puncto Mimik und Gestik (das Herumgekaspere von Martin wird sehr gut umgesetzt) ziemlich stark.

    Der Stil trifft nur nicht ganz meinen Geschmack.

    Inhaltlich sieht das anders aus.
    Die Charakterisierung wirkt in gewisser Weise wie eine Extrapolation. Spirou und Fantasio haben in den vielen Jahren ihrer Existenz einen doch recht fest definierten Charakter erhalten. Über diesen geht Vehlmann etwas hinaus, immer den Blick darauf gerichtet, dass er dabei die "stehenden Grenzen" nicht zu weit überschreitet.
    So lernen wir bereits bekannte Charaktere bis zu einem gewissen Grade neu kennen, neue Facetten alter Bekannter werden deutlich.

    Die Handlung verläuft da schon in "typischeren" Bahnen.
    Um nur einige Elemente zu nennen:
    Die Reise an einen exotischen Ort, abgedrehte Professoren, den Rückgriff auf altbewährte Figuren oder Gegenstände (vom Zyklotrop bis zum U-Boot), der Kampf gegen Unrecht und - immer wieder gern genommen - ein Gegner mit außergewöhnlichen finanziellen Mitteln.
    Insofern bewegt sich der Leser auf gewohntem Terrain.
    Tatsächlich werden dieser Speise aber recht interessante, teils in der Welt Spirous unbekannte Gewürze beigemischt, insbesondere seien hier erwähnt: Neuseeland, die Maori und deren Mythenwelt.

    Ein durchaus interessant zu lesender Mix.
    Geändert von felix da cat (09.05.2007 um 07:02 Uhr)

  13. #88
    Mitglied Avatar von Matbs
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    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Spirou und Fantasio haben in den vielen Jahren ihrer Existenz einen doch recht fest definierten Charakter erhalten.
    Wobei gerade Fantasio in seiner langen Karriere ja schon einige relativ drastische Neuinterpretationen erfahren hat (man vergleiche nur mal den lebhaft-chaotischen Tüftler der Aufregenden Erbschaft mit dem genervt-geplagten Redakteur der frühen bis mittleren Gaston-Strips), während Spirou über viele Jahrzehnte der "Pfadfinder" geblieben ist.
    Ähnlich wie Kapitän Haddock bie T&S ist er ja auch der "menschlichere" Part seines Protagonisten-Duos, entsprechend bietet er vielleicht etwas mehr Raum zu einer individuelleren Interpretation durch verschiedene Autoren (bzw. in verschiedenen Schaffensphasen eines Autoren).
    Geändert von Matbs (09.05.2007 um 09:34 Uhr)

  14. #89
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    Da stellt sich natürlich sofort die Frage, ob das Gespann Spirou - Fantasio nicht auch mit einem differenzierter dargestellten Spirou funktionieren könnte. Ein Spirou, der auch größere Schwächen hätte (Liebeskummer, Krankheit, irgendwelche Macken ...). Wäre ein gleichgewichtigeres Team, das sich ergänzt, in dem Fantasio auch Spirou mal heraushaut, nicht eine spannendere Konstellation? Mir fällt dazu branchenübergreifend als Vergleich das Team Steed - Peel ein.

  15. #90
    Mitglied Avatar von Matbs
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    Zitat Zitat von Kaschi Beitrag anzeigen
    Ein Spirou, der auch größere Schwächen hätte (Liebeskummer, Krankheit, irgendwelche Macken ...). Wäre ein gleichgewichtigeres Team, das sich ergänzt, in dem Fantasio auch Spirou mal heraushaut, nicht eine spannendere Konstellation?
    Willkommen in der wunderbaren Welt von Tome und Janry !
    Da passiert nämlich genau das. Bestes Beispiel: Vito der Pechvogel, wo Spirou krank ist, von Fantasio rausgehauen wird, und Liebeskummer hat.
    Geändert von Matbs (09.05.2007 um 12:12 Uhr)

  16. #91
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    Oder im Tal der Verbannten, auch da ist es letztendlich Fantasio, der seine Krankheit überwindet und Spirou das Leben rettet.

    Ich denke auch in allen früheren Geschichten, egal ob Franquin, Fournier oder T&J, waren Spirou und Fantasio stets gleichberechtigt. Fantasio bildet quasi den Gegenpol zu Spirou, ohne den die Geschichten sicher nicht so wunderbar funktionieren würden. Spirou ist auch nicht perfekt. Auch er hat Macken und bringt die Freunde des öfteren durch sein offensives Verhalten in Schwierigkeiten.

  17. #92
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Da schliesse ich mich gerne meinen Vorrednern an - ich hatte auch niemals das Gefühl, bei den beiden Hauptprotagonisten könnte es sich nicht um eine gleichberechtigte Freundschaft handeln.

    Ich habe auch Fantasio niemals als den Schwächeren der Beiden betrachtet - auch wenn er vielleicht von Spirou desöfteren, oder besser ziemlich oft aus der Patsche geholfen bekommt.
    Auch halte ich reine Körperkraft eher für ein sekundäres Merkmal wenn über Stärken und Schwächen diskutiert wird (ich weiss hier wurde davon nichts erwähnt - ich wollte es zur Verdeutlichung anmerken!)

    Stärke in einer Freundschaft definiert sich für mich hauptsächlich darin, immer und jederzeit für den Anderen da zu sein. Da spielt es eher eine untergeordnete Rolle wer nun wen öfter aus dem Schlamassel holt.

    Zitat Zitat von felix da cat
    hip scheint ja die meisten Probleme mit der graphischen Umsetzung des Albums gehabt zu haben.
    Das trifft so ziemlich den Nagel auf den Kopf. Von der Storyline fand ich nur das Ende bescheiden, ansonsten hat sie mir sehr gefallen.

    Die Illustration gefällt mir in Zusammenhang mit Spirou überhaupt nicht - ich würde gerne eine völlig andere Geschichte mit völlig unbekannten Charakteren dazu lesen.
    Mir fehlt einfach unglaublich stark diese Detailverliebtheit die viele der anderen Zeichner - auch Munuera (aber dazu später mehr ) - immer wieder in die Serie einbringt.
    Die Figuren wirken oft sehr klobig - Hintergründe sind so gut wie keine vorhanden und die Kolorierung ist mir zu eindimensional gesehen auf ein Panel.
    Wäre es eine völlig andere Geschichte könnten die Zeichnungen vielleicht super auf die Charaktere passen. Ich habe auch generell nichts gegen den Stil - auch wenn er nicht zu meinen Favouriten zählt.

    Zum Vergleich möchte ich mal Donjon von Sfar/Trondheim/Larcenet beizitieren.

    Hier sind die Zeichnungen ja schon fast bizarr zu nennen und dennoch ergeben sie im Kontext der Storyline einen unglaublich passenden und faszinierenden Rahmen - da möchte ich gar keine anderen Zeichnungen sehen.

    Ich kenne leider Toto - das Schnabeltier nicht - aber wenn ich die Cover betrachte könnte der Stil da auch besser zu den Geschichten passen.

    Zu Yoann könnte ich mir z.b. sehr gut eine Straßengang-Story in der Bronx vorstellen - könnte auch gut in S/W gehalten sein.
    Dazu dann derber Humor, markige Sprüche - kantige Charaktere und so ein bisschen Ghettoslang - ja das könnte passen!

  18. #93
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    Wie gesagt, nach Franquin kenne ich mich in der Serie nicht mehr sonderlich gut aus. Mag sein, daß sich da die Gewichte zwischen den beiden Helden etwas verschoben haben.

    Hab' mir daraufhin gerade mal Vito, der Pechvogel durchgelesen. Man merkt, daß die Autoren mit dem traditionellen Verhältnis der beiden ihr Spiel treiben, es zumindest leicht persiflieren. Allerdings ist es immer noch Fantasio, der bis kurz vor Ende unter Depressionen/Liebeskummer leidet. Und Spirou gerät nicht durch eigene Schwächen in die Bredouille, sondern durch den üblen Cortizone.

    Franquin hat sich zur Titelfigur seinerzeit folgendermaßen geäußert:
    [Frage] Um Spirou herum haben Sie Figuren kreiert, die viel Charakter besitzen!

    Franquin: Das ist der große Vorteil der Nebenfiguren gegenüber dem Helden, denn der Arme muss stets ein tugendhaftes Bild abgeben.
    ...
    Auf die Dauer merkte ich, dass man mehr Spaß mit den Figuren hat, die man selber kreiert hat. Das Problem mit Spirou war, dass ich nicht wusste, was ich damit machen sollte. Er war noch vor dem Krieg kreiert worden und ist eine Figur, die immer passt. Die Figuren eines anderen zu übernehmen ist oftmals ein Schlag ins Gesicht.
    ...
    Tatsächlich erwartet einen aber der grafische Zwang hinsichtlich des Zeichners, der einem vorausging. So hat mich zum Beispiel Spirous Pagenkostüm immer gestört ...
    Quelle: ZACK-Dossier 2 "Spirou und seine Autoren", Hg. Klaus D. Schleiter, Berlin 2005, S. 38/39.

    Und in "Franquin", Edition Comic Forum, Wien 1986 heißt es in der Interview-Collage mit Franquin ab S.34:
    FRANQUIN: Eine Hauptfigur einer Comic-Serie war zu jener Zeit nicht eine Person, die wirklich bestehen konnte, sie hatte keine echte Persönlichkeit. ... Ich versuchte natürlich, meinem Comic-Helden einen individuellen Charakter zu geben, aber das war nicht so einfach, da ich eigentlich nicht wußte, wie Spirou war. ...

    FRAGE: Aber Fantasio war doch anders?

    FRANQUIN: Ja, in Fantasio habe ich etwas von meinen eigenen Fehlern hineinprojiziert. Er war schnell erregt und irritiert und so. Fantasio war viel menschlicher als Spirou, da ja damals die Hauptfigur einer Comic-Serie keine Fehler haben durfte. ... Fantasio finde ich daher auch liebenswerter als Spirou. Ich habe immer versucht, Spirou besonders dynamisch zu charakterisieren, sehr enthusiastisch und unternehmungslustig. Das war das Einzige, was ich aus ihm machen konnte. Mit Gaston hingegen war das anders, da ich die Figur selbst erdacht habe. Das Zeichnen von Gaston gelang mir daher auch viel natürlicher, und alleine darum ist er auch viel menschlicher als Spirou.
    ...
    FRANQUIN: Nein, ich hatte aufgehört, weil ich keine Lust mehr hatte. Diese Figur habe ich nicht selber erfunden. Mit der Zeit wird man müde zu versuchen, einer Figur eine Persönlichkeit, einen Charakter zu geben, obwohl sie keinen hat. Spirou hat keine Persönlichkeit.
    Zu Franquins Zeiten waren zwar Spirou und Fantasio gleichberechtigt. Keiner hatte dem anderen was zu befehlen. Aber die Probleme wurden oft genug durch die Hampeleien von Fantasio ausgelöst bzw. vorangetrieben, während die Lösungen meistens (nicht immer, zugegeben) über Spirou oder das Marsupilami liefen. Von daher waren die beiden zwar ein gleichberechtigtes Team, nicht aber ein gleichgewichtiges.

    Und was ich bislang an späteren Spirou-Versionen gelesen habe, beläßt dieses Verhältnis im Großen und Ganzen so. Aber, wie gesagt, ich habe längst nicht alles gelesen ...

  19. #94
    Verstorben Avatar von hipgnosis
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    Question

    Ich finde es sehr gut wie kaschi immer wieder etwas Sekundärliteratur (hauptsächlich zu Franquin) hier zu den einzelnen Aspekten einstreuselt.

    Hat irgendjemand von Euch vielleicht auch noch etwas lesenswertes über oder von den vielen anderen Spirou-Künstlern?
    Natürlich bezogen auf die Serie - nicht auf die jeweiligen andern Arbeiten!

  20. #95
    Mitglied Avatar von Matbs
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    Zitat Zitat von PhoneBone Beitrag anzeigen
    Ich denke auch in allen früheren Geschichten, egal ob Franquin, Fournier oder T&J, waren Spirou und Fantasio stets gleichberechtigt. Fantasio bildet quasi den Gegenpol zu Spirou, ohne den die Geschichten sicher nicht so wunderbar funktionieren würden.
    Das stimmt natürlich, aber irgendwie ist Spirou dann doch meist der "Primus inter Pares" - nicht umsonst beschwert sich Fantasio im Tal der Verbannten darüber, dass es nicht "die Abenteuer von Fantasio" oder zumindest "die Abenteuer von Fantasio und Spirou" heisst (zumal ja auch eine ganze Jugendzeitschrift nach Spirou benannt ist, ohne dass Fantasio da im Titel auftauchen würde ).

    Zitat Zitat von hipgnosis Beitrag anzeigen
    Zum Vergleich möchte ich mal Donjon von Sfar/Trondheim/Larcenet beizitieren.
    Ein Feld, das Yoann ja inzwischen auch schon erfolgreich mitbeackert hat.

    Zitat Zitat von hipgnosis Beitrag anzeigen
    Ich kenne leider Toto - das Schnabeltier nicht - aber wenn ich die Cover betrachte könnte der Stil da auch besser zu den Geschichten passen.
    Junger Mann, ich hab´s Ihnen schon mal gesagt: Ändern Sie das gefälligst schnellstens, das kann so auf keinen Fall weitergehen (und denken Sie dran, sich auch gleich Wind in den Weiden mitzubesorgen)!
    Oh, und übrigens ist Yoanns Stil beim Toto ganz anders, wie felix richtig angemerkt hat.


    Zitat Zitat von hipgnosis Beitrag anzeigen
    Zu Yoann könnte ich mir z.b. sehr gut eine Straßengang-Story in der Bronx vorstellen - könnte auch gut in S/W gehalten sein.
    Dazu dann derber Humor, markige Sprüche - kantige Charaktere und so ein bisschen Ghettoslang - ja das könnte passen!
    Oh Gott, bloss nicht! M.M.n. eignet sich Yoann am besten fürs Fantastische und Künstlerische, eine realistische Crime-Story wäre da völlig verfehlt.
    Um diese Aussage zu illustrieren, verweise ich ein weiteres mal auf seine Serie La Voleuse du Père Fauteuil, in der er seine Stärken bis zum Maximum ausspielt (und die mir grafisch so gut gefallen hat, dass ich sie mir inzwischen sogar auf Französisch besorgt habe).
    Leseproben hier: http://www.dargaud.com/front/albums/...e.aspx?id=1804
    Geändert von Matbs (09.05.2007 um 21:32 Uhr)

  21. #96
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    Zitat Zitat von Matbs Beitrag anzeigen
    (...) nicht umsonst beschwert sich Fantasio im Tal der Verbannten darüber, dass es nicht "die Abenteuer von Fantasio" oder zumindest "die Abenteuer von Fantasio und Spirou" heisst (zumal ja auch eine ganze Jugendzeitschrift nach Spirou benannt ist, ohne dass Fantasio da im Titel auftauchen würde ).
    Aber man kann die Serie auch in "Pit und Pikkolo" umbenennen, ohne dass es stören würde.

  22. #97
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    Ich fürchte, das war vor meiner Zeit, deshalb muss ich da noch mal nachfragen: Ist Pit Fantasio?
    Geändert von Matbs (09.05.2007 um 21:38 Uhr)

  23. #98
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    Ich beantworte die Frage mal so:
    Für alle die's nicht wissen: Piccolo ist auch ein (heutzutage selten benutztes?) Wort für Kellner.

    Spirou und Fantasio gleichberechtigt?
    Glaube ich nicht, kommt aber auch auf die Perspektive an.

    Gleichberechtigt in dem Sinne, dass der Eine dem Anderen nicht zu befehlen hat - sicher!

    Aaaaaber:
    Aus Lesersicht mag man mit Fantasios Menschlichkeit leichter sympathisieren als mit Sprious moralischer Rigidität, aber könnte Fantasio wirklich ohne Spirou (Die Abenteuer des Fantasio)?
    Umgekehrt würde es wohl klappen, auch wenn mit Popularitätsverlust zu rechnen wäre. Wie hat Franquin so schön gesagt:
    Zitat aus kaschis Zitat:
    Er (= Spirou) war noch vor dem Krieg kreiert worden und ist eine Figur, die immer passt.
    Spirou ist der moralische Fels in einer Brandung der Beliebigkeit.
    Fantasio erkennt zwar, dass Spirou immer im Recht ist, schlägt aber dennoch über die Stränge, handelt hin und wieder unheroisch, mitunter egoistisch, ist auch schon mal tollpatschig. Ein bisschen ist er wie ein Kind, das dem Vater nacheifert, sich dabei aber hin und wieder selbst im Wege steht.
    Gut gemeint, aber nicht immer gut gemacht.
    Er braucht Spirou noch immer als einen Kompass, ja vielleicht ist er sogar mit einer Kompassnadel vergleichbar, die zwar immer in die richtige Richtung ausschlägt, dabei aber hin und wieder ins Schwanken gerät.

    Spirou ist allein vom Look klar als der Held der Serie angelegt. Rotes (= feuriges), kaum zu bändigendens, nach hinten gekrümmtes (= Dynamik, weil schnelle Bewegung vermittelndes) Haar gegen den mit Halbglatze* versehenen gesetzt-gemütlichen Typ, der Pfeife schmaucht und nicht zufällig häufiger in Gastons Büroambiente anzutreffen ist als sein Partner.
    Der scheint dort eher "auf Durchreise" oder mal zufällig hinein geplatzt, weil: er hat eben "Hummeln im Hintern".

    Die andere Perspektive ist die des Spirou-Universums.
    Begebt Euch mal auf eine kleine gedankliche Reise.
    Machen wir uns kurz zu einem Teil der Spirouschen Welt.
    Psychologen behaupten, dass eine Person, die auf eine Gruppe ihr wildfremder Menschen trifft, innerhalb weniger Sekunden feststellen kann, wer in ihr das Alpha-Tier abgibt.
    Ich denke, die Beantwortung der Frage, wessen Wort in der Mini-Gruppe Spirou-Fantasio im Zweifelsfalle ausschlaggebend ist, dürfte kaum Stoff einer abendfüllenden Diskussion abgeben, oder?

    *= die hier mitlesenden (und vielleicht mitdiskutierenden) Halbglatzenträger mögen mir verzeihen, aber so sind nun mal die Comic-Klischees, insbesondere im Funny/Semi Funny-Bereich. Im wahren Leben könnt Ihr - das ist mir bewusst - reine Adrenalin-Junkies sein.
    Brillenträger sind im realen Leben auch nicht immer intelligent, obwohl man dies meinen könnte, würde man sich in der Prägung seines Menschenbildes vom Comic-Funny leiten lassen.
    Geändert von felix da cat (10.05.2007 um 07:43 Uhr)

  24. #99
    Mitglied Avatar von lucien
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    Zitat Zitat von Matbs Beitrag anzeigen
    Das stimmt natürlich, aber irgendwie ist Spirou dann doch meist der "Primus inter Pares" - nicht umsonst beschwert sich Fantasio im Tal der Verbannten darüber, dass es nicht "die Abenteuer von Fantasio" oder zumindest "die Abenteuer von Fantasio und Spirou" heisst (zumal ja auch eine ganze Jugendzeitschrift nach Spirou benannt ist, ohne dass Fantasio da im Titel auftauchen würde ).
    In einer anderen großen Comic-Serie handelt der nicht titelgebende Held ähnlich. Obelix beschwert sich zwar nicht, versucht in Asterix und der Kupferkessel aber die Abenteuer von Obelix und Asterix zu erzählen. Interessant dass sowohl er als auch Fantasio direkt eine Partizipation ihres Freundes in einen fiktiven Titel miteinschliessen.

    Ein direkter Vergleich Fantasio - Obelix halte ich für nicht angemessen, aber einige Parallelen gibt es m.E. schon, vor allem was Dynamik in der Geschichte und das Liefern von humorigen Situationen anbelangt.
    Fantasio ist aber viel öfter Held, Vordenker aber auch Querdenker und letzlich direkter, was den Ablauf der Geschichten deutlich beeinflusst. Ausserdem beraten, besprechen sich die beiden gleichberechtigt (meistens zumindest).

  25. #100
    Mitglied Avatar von Matbs
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    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Aaaaaber:
    Aus Lesersicht mag man mit Fantasios Menschlichkeit leichter sympathisieren als mit Sprious moralischer Rigidität, aber könnte Fantasio wirklich ohne Spirou (Die Abenteuer des Fantasio)?
    Umgekehrt würde es wohl klappen, auch wenn mit Popularitätsverlust zu rechnen wäre.
    Interessante Frage: Ich würde sagen: In seiner jetzigen Form könnte Fantasio keine eigene Abenteuerserie tragen, dazu müsste er modifiziert werden.
    Aaaaaber:
    Spirou könnte ohne Fantasio ebenfalls nicht so weitermachen wie bisher, auch hier wären deutlich Modifikationen des Charakters oder des Seriengrundtons nötig, die (wie immer in solchen Fällen) die Frage provozieren würden, "ob das dann überhaupt noch Spirou ist" (Point in Case: Jagd auf Spirou).


    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Spirou ist der moralische Fels in einer Brandung der Beliebigkeit.
    Fantasio erkennt zwar, dass Spirou immer im Recht ist, schlägt aber dennoch über die Stränge, handelt hin und wieder unheroisch, mitunter egoistisch, ist auch schon mal tollpatschig. Ein bisschen ist er wie ein Kind, das dem Vater nacheifert, sich dabei aber hin und wieder selbst im Wege steht.
    Gut gemeint, aber nicht immer gut gemacht.
    Er braucht Spirou noch immer als einen Kompass, ja vielleicht ist er sogar mit einer Kompassnadel vergleichbar, die zwar immer in die richtige Richtung ausschlägt, dabei aber hin und wieder ins Schwanken gerät.
    Das würde ich anders sehen: Fantasios (oder Haddocks. Oder Obelixens) moralischer Kompass ist im Großen und Ganzen genauso intakt und eindeutig wie der von Spirou, er braucht ihn nicht, um falsch von richtig unterscheiden zu können. Entsprechend würden diese Charaktere auch ohne den Haupthelden das richtige Tun, lediglich der Weg dorthin ist für sie etwas steiniger und schwieriger, weil sie eben nicht diesen absolut unmenschlichen Fokus auf das Wahre und Gute haben, sondern immer ein Stück weit mit sich kämpfen müssen. Doch das würden sie eben auch ohne Vorbild tun, sie sind keine unmündigen Kinder oder schlecht dressierte Affen, die ein Vorbild zum nachäffen brauchen.


    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    und nicht zufällig häufiger in Gastons Büroambiente anzutreffen ist als sein Partner.
    Der scheint dort eher "auf Durchreise" oder mal zufällig hinein geplatzt, weil: er hat eben "Hummeln im Hintern".
    Na ja, ich würde sagen, der Hauptgrund, warum Spirou nicht öfter bei Gaston auftaucht, liegt darin, dass er dort keinen Platz hat: Er kann aufgrund seiner charakterlichen Limitationen einfach nicht untergebracht werden, denn er eignet sich weder als Opfer (denn er ist ja keine komische Figur, entsprechend würde ihn die Opferrolle als ernsthaften und ernstzunehmenden Charakter auf Dauer zu sehr kompromittieren - Spirou fallen einfach keine Bowlingkugeln auf den Kopf, er wird nicht mit Superkleber irgendwo fixiert, und als Abenteurer hat er keine Zeit für schnöde Verträge) noch als Komplize (denn dazu ist er viel zu vernünftig, ernsthaft und - sagen wir´s wie´s ist - langweilig) Gastons. Fantasio, dem ja eh immer mal wieder Mißgeschicke passieren, eignet sich hingegen bestens zum Opfer und passt entsprechend gut ins Konzept (auch wenn ihn die Rolle als ernsthafte und cholerische Autoritätsfigur langfristig zu stark verändert hätte - von daher ist seine Ablösung durch Demel am Ende von Franquins Spirou-Run eine gute Sache).


    Zitat Zitat von lucien Beitrag anzeigen
    Ausserdem beraten, besprechen sich die beiden gleichberechtigt (meistens zumindest).
    Eigentlich besprechen sie sich ja nicht mal, sondern handeln meist einfach zusammen als eine Art Einheit, die so selbstverständlich ist, dass da nicht mal die Frage danach aufkommt, ob da jetzt wer der Chef ist.
    Wie gesagt, das ändert sich erst bei T & J ein bisschen.
    Zitat Zitat von felix da cat Beitrag anzeigen
    Ich denke, die Beantwortung der Frage, wessen Wort in der Mini-Gruppe Spirou-Fantasio im Zweifelsfalle ausschlaggebend ist, dürfte kaum Stoff einer abendfüllenden Diskussion abgeben, oder?
    Auch hier: Sehe ich ein bisschen anders: Vor T & J handeln die beiden fast immer als Einheit mit identischem Ziel, entsprechend gibt es dort praktisch keine solchen Situationen, deshalb gibt Spirou gibt keine Befehle und Fantasio ist kein Befehlsempfänger.
    Und T & J lösen diese Einheit zwar gegen Ende ihres Runs ein Stück weit auf, doch gewähren sie Fantasio dabei klugerweise ein gutes Maß an Autarkie.



    Zitat Zitat von lucien Beitrag anzeigen
    In einer anderen großen Comic-Serie handelt der nicht titelgebende Held ähnlich.
    Darüber hab´ ich gerade auch mal wieder nachgedacht. Ist schon interessant, wie ähnlich sich die Grund-Charakterkonstellationen der drei großen frankobelgischen Serien Tim und Struppi, Spirou und Asterix sind:
    - Der Held ist ein körperlich eher kleiner Charakter unbestimmbaren (aber eher jüngeren) Alters. Er zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er Köpfchen hat und mutig ist und bildet den moralischen Pol der Serie, denn er ist aufrecht und tut immer das Richtige. Gleichzeitig hat er wenige oder gar keine offensichtlichen menschlichen Schwächen.
    - Sein ständiger Begleiter: Körperlich größer, temperamentvoller, oft sogar etwas voreilig, aufbrausend oder infantil. Er ist ebenfalls ein richtig guter Kerl, hat aber so seine Schwächen, was ihm gleichzeitig deutlich mehr Charakter als dem Helden verleiht und ihn lustiger macht (der Held ist keine besonders lustige Figur, dafür ist er viel zu ernsthaft und aufrichtig).
    - Der väterliche Freund und Wissenschaftler: Ein älterer Herr, der dem Duo zur Seite steht und gleichzeitig als Storyhook dient. Ist ein Tüftler und Erfinder, der unglaubliche Entdeckungen macht (sei es ein Trank, der übermenschliche Stärke verleiht, ein Metalschmelzgas oder eine Mondrakete), die sowohl als Aufhänger als auch als Lösung eines Abenteuers eingesetzt werden können. Ist auch sonst gut als Storyhook verwendbar.
    - Das Tier: Kleiner Begleiter der Helden, der meist keine soo große Rolle spielt, aber immer mal einen kleinen Auftritt als Comic Relief oder auch Retter in der Not hat. Diese Rolle wird tendenziell gerne mit Hunden oder Eichhörnchen besetzt.

    Und klar, natürlich finden sich zwischen den einzelnen Serien im Detail große Unterschiede, nichtsdestotrotz sind die grundsätzlichen Parallelen bemerkenswert.
    Geändert von Matbs (10.05.2007 um 11:12 Uhr)

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