Love and Rockets

[Christian Maiwald]

Stimmt schon. Dafür ist es für diejenigen, die sich darauf einlassen umso spannender.

[Seppstock]

Ich denke, der Markt und auch die Empfänglichkeit der deutschen Comicleser hat sich doch ziemlich gewandelt.

Eine gut aufgearbeitete und günstig angebotenen SC-Gesamtausgabe, ähnlich den aktuellen Fantagraphics-Bänden, dürfte durchaus seine Leser finden...

Allerdings weiß man das erst, wenn der erste Band vorliegt...

[Spong]

Die frühen L&R-Stories enthalten schon ziemlich viele Absonderlichkeiten und Surrealitäten, ich könnte mir vorstellen, dass es schwierig ist, Leser dafür zu begeistern. Ich denke, es gab gute Gründe, die Serie nicht vom Anfang an einzuführen, sondern über WIGWAM BAM bzw. DER TOD VON SPEEDY, der ja recht selbsterklärend ist - und man steht vor dem Dilemma, dass viele das Original schon haben, Fanta haben LR ja schon ordentlich gemolken, als Hefte, als Sammelbände, zusammengefasst als 700-Seiten-LOCAS und jetzt nochmal als schicke Graphic Novel-Paperbacks für die Handtasche, das sind wohl die aktuellen Bände die du meinst? Ich glaube nicht, dass irgendein deutscher Verlag das Risiko eingehen kann, ein 250-300-Seiten Buch einfach mal so zu übersetzen und zu verlegen. Die Kohle würde SOWAS von nicht wieder reinkommen ... und vielleicht ist es tatsächlich sinnvoller, die deutsche Szene zu unterstützen und hier vor Ort neue Autoren aufzubauen. Aber wer weiss.

[Seppstock]

Apropos "deutsche Szene unterstützen"... wir suchen immer noch einen "nicht PoD"-Verlag, der uns aufnimmt.

Ich hätte es eher so gesehen, daß durch die vorhandenen Bände (die, von Band 1 abgesehen, immer noch relativ gut zu kriegen sind) das Publikum auf die ersten Geschichten eingestimmt ist, bzw. die Möglichkeit dazu hat (mach ich ja auch gerade so).

Klar ist es ein Risiko... aber ohne geht es nicht... wir werden auch frühestens Ende 2009 anfangen mit IZWT mal Kohle reinzuholen, nach allem was wir reingesteckt haben... und das auch nur, wenn es so wie bisher weiterläuft.

[Spong]

Nach allem was ich mitkriege - die meisten der Verlagsleiter im Indiebereich gehen jahrzehntelang massive Risiken ein, von der Arbeit und der Selbstausbeutung will ich gar nicht reden, und die Entscheidung für einen Comicverlag ist oft die Entscheidung gegen Eigentumswohnungen und richtige finanzielle und / oder soziale Stabilität. Anders gesagt: Die Leute hier riskieren schon (mehr als) genug ....

... im Falle L&R kann man einfach nur mit den Achseln zucken und leise bedauern, dass die Leserschaft in Deutschland nicht 10mal höher ist. Was solche Projekte ermöglichen würde.

[Seppstock]

... von der Arbeit und der Selbstausbeutung will ich gar nicht reden, und die Entscheidung für einen Comicverlag ist oft die Entscheidung gegen Eigentumswohnungen und richtige finanzielle und / oder soziale Stabilität. Anders gesagt: Die Leute hier riskieren schon (mehr als) genug ....

Dafür reicht es schon einen einzelnen Comic so zu stemmen wie wir (bzw. finanziell alleine ich) das gemacht haben. (Das heißt, inklusive Website, DVD, CD, Band, T-Shirts, Messeauftritten, Gratisbeilagen, Stickern... und alles eigen finanziert.)
Alles Geld is futsch, keine Zeit mehr, außer der die für das Projekt draufgeht (Promotion, Arbeit am Folgeband, Proben, Aufnahmen und Auftritte mit der Band) und jetzt heißt es hoffen und beten... da gibt es auch kein Netz und keinen doppelten Boden...

Aber ich weiß, was Du meinst und es ist natürlich wahr... mal abgesehen von den Großen ist es schon schwer genug mit Comics überhaupt wieder was reinzuholen... geschweige denn richtig Kohle zu machen...

Vielleicht kann L&R ja mal irgendwo auf der Bugwelle eines großen Verkaufshits mitreiten... bis dahin begnüge ich mich eben mit den alten Alben und den US-Ausgaben... die ich hiermit nochmals sehr empfehle!

[Dirk Rehm]

Vielleicht kann L&R ja mal irgendwo auf der Bugwelle eines großen Verkaufshits mitreiten... bis dahin begnüge ich mich eben mit den alten Alben und den US-Ausgaben... die ich hiermit nochmals sehr empfehle!

Danke! Und wenn der Verkaufshit kommt, dann kommt mehr "Love & Rockets" - mit Sicherheit!

[Seppstock]

Love & Rockets: Fliegen an der Decke (Reprodukt)
Dieser schöne HC-Band im Alben-Format liefert neben einigen Kurzgeschichten der Hernandez-Brüder Gilbert und Jaime (unter anderem eine visuell hochinteressante Kurz-Biografie von Frida Kahlo und ein sehr interessantes "Volksmärchen") einige Auszüge aud Jaime Hernandez "Locas"-Storyline. Hier drehen sich die Ereignisse vor allem um die wechselhafte, irgendwo zwischen romantisch, sexuell und freundschaftlich angesiedelte Beziehung zwischen Maggie und Hopey.

"Die Mischung macht´s!" Dieser Band ist in keiner Phase langweilig und die kurzen Episoden, die nicht direkt in die "Locas"-Handlung hineinspielen bringen eine abwechslungsreiche und lockere Atmosphäre in den Band (auch wenn die Inhalte oft gar nicht so locker sind).
Im Gegensatz zu Gilberts schwermütiger Palomar-Saga ist Locas doch deutlich leichtfüssiger. Jaimes Strich ist angenehmer fürs Auge und seine Art des Erzählens kann man mit dem später erschienenen und lineareren Strangers in Paradise von Terry Moore vergleichen... überhaupt werden SiP-Lesern viele Parallelen auffallen... Terry war und ist sicher ein großer Love & Rockets-Fan.
Jaime erreicht nicht die Durchschlagskraft seines Bruders Gilbert... bewegt sich aber dennoch auf einem sehr Niveau... so hoch, daß es schwer ist Negatives zu finden...
10/10

[Seppstock]

Love & Rockets: Maggie, the Mechanic
Seltsam... nachdem ich die beiden Reprodukt-Ausgaben mit ausgewählten Geschichten von Jaime Hernandez gelesen hatte, dachte ich eigentlich ich würde durch diesen Band fliegen... tatsächlich brauche ich aber sehr lange dafür... und das liegt nicht daran, daß der Inhalt schlecht wäre!
Nein, stattdessen genieße ich diese mit Fantasy, Sci-Fi und Superhelden-Elementen gespickten, sehr eigenen Geschichten in aller Ruhe. Jaimes Zeichenstil liegt irgendwo zwischen Mike Allred und Terry Moore mit leichten Einflüssen von Kirby, Miller und anderen Superheldenzeichnern... ich halte mich oftmals sehr lange an der Komposition einer Seite oder den simplen Linien mit denen er seine Figuren so lebendig macht auf.
Zudem sind die Geschichten gleichzeitig locker leicht, von Alltagsproblemen durchsetzt, enthalten Beziehungselemente, Humor, Gesellschaftskritik, Spannung...etc. etc... alles ist hier verbunden... und es funktioniert, obwohl es eigentlich total den Rahmen einer einheitlichen Welt sprengt... vor allem wenn man bedenkt, daß diese Figuren irgendwann in einer sehr normalen und realen Umgebung ankommen...
Die Hälfte des Bandes habe ich hinter mir und Jaime ist defintiv ein ganz anderes Kaliber als sein Bruder Gilbert. Trotzdem fiele es schwer von den beiden einen "Besseren" zu bestimmen, da sich jeder sehr deutlich sein ganz eigenes Gebiet abgesteckt hat, um dort zu brillieren.
Jedenfalls ist dieser Band bisher sehr empfehlenswert... und es würde mich nicht wundern, wenn ich ihn am Ende mit einer klaren 10/10 bewerte...

[Dirk Rehm]

Andreas Essl schreibt am 21. Februar auf www.tagesspiegel.de über "Love & Rockets". Der Artikel war online bereits bei "Die Zeit" erschienen, aber dankenswerterweise wird nun auf die in deutscher Sprache erschienenen Bände verwiesen und auch auf www.reprodukt.com verlinkt.

Frauen sagen, wo's langgeht

Jaime und Gilbert Hernandez sind Stars der amerikanischen Comic-Buch-Szene. Seit fast 30 Jahren zeigen sie in ihren Heften einen großen Kosmos amerikanischer Realität.

Ganz selten passiert es Autoren, dass aus ihrem ersten Werk ein ganzer Zyklus entsteht, der es erlaubt, Charaktere über Jahre hinweg zu formen, sie dick, weise, faltig werden oder auch sterben zu lassen. Ein narratives Gewebe zu entwerfen und trotzdem neue Ufer anzusteuern. Denn wer hat schon die Kraft, stets dieselbe Geschichte weiterzutreiben. Selbst Harry Potter ist tot.

Mehr: http://www.tagesspiegel.de/kultur/co...t18281,2735832