Aus einem anderen Thread und auch nur deshalb mit Komplettzitat (Hervorhebung darin von mir):
Zitat Zitat von Grubert Beitrag anzeigen
Nein das sehe ich gar nicht so.
Klar sind da viele starke Charaktere, sonst wäre die "Salzmeer Ballade" auch nicht so toll, aber Corto steht im klar Zentrum der Handlung, nur er erfüllt die Tribute des klassischen Abenteuer Helden. Und um der zu sein muß er auch nicht in jeder Szene auftauchen, darf er auch mal längere Zeit ganz fehlen. Und da gibt es auch andere berühmte Heldenfiguren, die nicht die komplette Handlung dominieren müssen, um trotzdem der Protagonist zu sein.

Und um auf die Einwände von JRN zurück zu kommen, die sind berechtigt, denn klar stehen auch Pandora und Cain im Zentrum der Erzählung, das unterscheidet die Ballade von den späteren Corto Abenteuern, aber die beiden entsprechen nicht den Vorstellungen eines Helden, wie Corto das tut.
Und man kann jetzt diskutieren inwiefern das jetzt den Blick und die Einschätzung auf die Ballade als Ganzes beeinflusst, aber für mich bleibt es der Klassiker des Abenteuers, und das muß nicht so schlicht sein wie bei Errol Flynn (dessen klassische Filme ich auch sehr mag), um nicht trotzdem eine reine Abenteuergeschichte zu sein, die gerade wegen der nicht so gängigen Komplexität der Situation und der Charaktere so gut ist.

Jedenfalls sehe ich neben Corto nur noch die Geschwister im Zentrum der Handlung, und alle anderen sind Nebencharaktere, die um diese 3 herum gruppiert sind, so interessant diese auch auf sehr unterschiedliche Art sind. Auch Slütter, der für mich der Faszinierendste der Anderen ist.

Übrigens ist Blueberry im Album mit dem Gespenst auch in größeren Teilen nicht präsent, läuft sogar der Handlung fast durchweg hinterher, genau genommen tut er nur wenig im ganzen Album, und Luckner dominiert es, trotzdem wird wohl niemand wirklich bestreiten, daß er der übliche Held der Geschichte ist.
Vielleicht ist das der Punkt: "Der übliche Held". Ich sehe die Ballade als unübliche Geschichte, insofern als sie eben gar keinen 'üblichen Held' hat. Sie funktioniert wunderbar losgelöst von der aus ihr entstandenen Serie um Corto Maltese. Und wenn man es schafft, sie losgelöst davon zu lesen, versteht man vielleicht besser, dass die Rolle von Corto dort nur 'eine unter vielen' ist. Oder anders ausgedrückt: Es ist ein Werk, bei dem nicht eine einzelne Person (der übliche Held) im Mittelpunkt steht, sondern die Geschichte. Und ganz ehrlich: So sehr ich auch die Kurzgeschichten in den ersten Corto-Bänden auch mag, aber was mich an der Südseeballade fasziniert, ist grade, die Tatsache, dass dort eine Geschichte erzählt wird, die eben nicht nach 'üblichen' (Serienhelden-)Mustern gestrickt ist, sondern es wagt, einem anderen Konzept zu folgen. Für mein Gefühl sind die eigentlichen 'Helden' die im Vergleich eher langweiligen Personen Pandora und Cain. Sie tun nicht viel, sind aber der Auslöser und Katalysator der Geschichte. Um sie herum entwirft Pratt dann eine ganze Schar von illustren, interessanten Charakteren (die eben auch wirklich Charaktere sind, weil sie unterschiedliche Charaktere haben), die ganz unterschiedliche Interessen haben, Motiven folgen und die zuweilen insoweit widersprüchlich sind, als ihre Interessen und ihr Charakter im Widerspruch zueinander stehen, was zu einer komplexen Motivation für ihr Handeln führt.
Man mag das gerne anders sehen, aber in der hier von mir skizzierten Lesart ist Corto ziemlich deutlich nicht der Held, schon gar nicht ein üblicher...