Der Augensammler (Schmolke/Fitzek)

Erst einmal das Positive: Der Band ist wirklich herausragend gezeichnet. Die Charaktere, die Kolorierung und die Atmosphäre vom S.-Loch Berlin, die man quasi riechen kann, gefallen mir sehr gut. Hier kann der Band mit den besten aus USA/Frankreich und Japan mithalten.
Nun zum Plot. Die Essenz des Romans wurde gut wiedergegeben und sehr dynamisch umgesetzt; alles entwickelt einen unheimlichen Sog. Hier ist jedoch der Knackpunkt. Als eigenständiges Werk ist das Ganze doch zu dünn. Die Loveceraft-Adaptionen von Gou Tanabe kamen mir da gleich in den Sinn.
Die Charaktere haben nicht wirklich tiefe. Was wissen wir zum Beispiel über Alina? Sie ist blind, kann hellsehen, trägt Perücke und hat ein Tattoo ... das war es eigentlich schon. Sebastian Fitzek wurde damals, in der Entstehungsphase des Romans, von einem blinden Fan angeschrieben, der verhindern wollte, dass der übliche Blödsinn über Blinde geschrieben wird. Die Gedankenwelt der Blinden, wie sie sich orientieren, ihre Probleme des Alltags ("abgefeilte Bordsteine sind ein Graus"), das alles fehlt.
Das, die Beziehung der Charaktere zueinander, deren Hintergrundgeschichten (zum Beispiel über die Mutter von Zorbach) werden allenfalls angedeutet.
Auch geht alles viel zu schnell. Alina und Zorbach freunden sich in gefühlt 2 Minuten an und vertrauen einander. Und die beiden eilen blitzschnell dorthin, wo es interessant wird. Gut, die Hauptprotagonistin kann hellsehen. Aber trotzdem geht das im Roman nicht so reibungslos.
Was hätte man machen können? Mehr Bände. In den USA oder Japan hätte man die gleiche Geschichte wohl auf mindestens ein halbes Dutzend Bände verteilt. Was aber wohl den finanziellen Rahmen gesprengt hätte. Im Zusatztext wird klar gemacht, dass der Band sowieso schon das teuerste Projekt das Verlags war.
Mehr Text. Nimmt man zum Beispiel "120 Rue de la gare". Hier wird das Problem zum durch teilweise extrem textlastige Panels gelöst. Was aber zu Lasten der Dynamik geht.
Schwierig. Schwierig.