Irgendwie beschleicht mich da der Eindruck, dass hier drei Begriffe durcheinander kommen :
- Nationalität
- Kultur
- Herkunft
So gibt einige mögliche Varianten von Kombinationen.
So etwa kann ein Staat (Nation) mehrere Kulturen beinhalten. Und zwar auch traditionelle Kulturen, welche sich in betreffenden Regionen des Landes befinden.
Gleichzeitig aber können Kulturen Nationen-übergreifend sein.
Erst die Herkunft präzisiert Identität. Denn sie wird ja genealogisch verstanden.
Also widmen wir uns mal dem Merkmal Herkunft. Das direkteste Identifikationsmerkmal der drei. Bezüglich eines Individuums.
Ein Beispiel : Ich etwa bin Schweizer mit keltischen Wurzeln und romanischen sowie germanisch/allemanischen Einflüssen. Und vielleicht habe ich sogar noch ein wenig orientalische oder slavische Einflüsse, wer weiss.
Bezüglich meiner Nationalität könnte ich aber genauso Franzose, Italiener oder Deutscher sein. Auch ohne Weiteres Kanadier oder Neuseeländer. Gar auch Israeli oder Russe oder Andorraner oder Monaceser. Oder sonst irgendetwas.
An dieser Stelle ist es klar, dass also auch das Identifikationsmerkmal Herkunft diffuser als geahnt ist.
Und tatsächlich müssen sämtliche Ethnien-Bezeichnungen realtiviert werden. Manche EthnienBezeichnungen sind viel eher Kultur-Bezeichnungen als das ihnen genealogische Relevanz zugesprochen werden kann.
Denn manche Ethnien-Bezeichnungen entstanden erst in kultureller und/oder geopolitischer Kombination und sind genealogisch unbedeutsam.
Wir stellen fest : Nationalität ist nicht gleich Herkunft.
Dass diese Frage jedoch heikler als auf Anhieb ersichtlich ist, zeigten zahlreiche traurige Ereignisse der Geschichte.
Ob Rassentrennung oder gar Genozid. Beides Folgen eines darauf begründeten politischen, ideologischen Denkens.
Am variablesten ist die Kultur.
Denn sie wird von zahlreichen Aspekten/Faktoren bestimmt. Bis hin zum Zeitgeist. Aber auch Religion und regionale Tradition sowie Mentalität.
Eine Nation ist nichts weiter als ein politisch organisiertes Gebilde auf einem bestimmten Territorium. Der Staat. Die Menschen - konkret - die Bürger eines Staates.
Das politische Gebilde trägt die organisatorische Verantwortung über das Territorium und die Menschen dieses Staates. Priorität haben naturgemäss die Bürger. Dass das nichts neues ist, ist ja klar.
Ein Staat, eine Nation ist also aber auch nichts mehr und nichts weniger.
Dass sich ein Staat weder auf Kulturen noch Herkunft der Bürger festlegen muss, zeigen die pluralistischen Staaten. So etwa die Schweiz oder Frankreich.
Frankreich war sogar der erste Staat, der dies nicht nur in der Verfassung festlegte, sondern auch umstetzte. Bei den USA war dies schon schwieriger.
Aber auch Deutschland ist längst pluralistisch, auch wen nicht so konsequent.
Dieser Begriff darf aber nur im Sinne "bedingt" und nicht "absolut" verstanden werden.
Ein bekanntes Beispiel hierfür ist das gaullistische Frankreich. Charles de Gaulle war ein bekennender Nationalist.
Diese Form des Nationalismus gibt dem BürgerRecht sowie der Verantwortung des Staates Priorität.
Priorität vor jeder Ideologie, vor Religion, Kultur und auch Herkunft.
Politisch organisiert ist Frankreich aber zentralistisch und nicht föderalistisch.
Anders aber die Schweiz und auch Deutschland. Da wird den Regionen mehr Eigenständigkeit eingeräumt.
All dies mag auf den ersten Blick für die Diskussion irrelevant sein.
In solchen Debatten sage ich stets : man kann nicht stolz auf eine Nationalität sein, sondern froh.
Sofern man sich in einem möglichst gerechten und demokratischen Staat befindet.
So mag ich Jedem seine Freude über seine Nationalität gönnen.
Das Problem liegt aber im Ausschluss.
Und gerade da offenbaren sich gewaltige Irrttümer und Missverständnisse. Manchmal auch nur Unbedachtheit.
Die Nationalität sagt nicht mehr als über die geopolitischen Daten aus. Wo ein Staat liegt und wie er sich organisiert.
Ist jemand stolz auf seine Herkunft und ist gleichzeitig Nationalist, kann dies gar ein Widerspruch sein! Denn in einer anderen Nation leben vielleicht Menschen gleicher Herkunft. Das Selbe gilt für Kultur und Religion.
Und diese Wahrscheinlichkeit ist nun mal sehr gross.
Es handelt sich also stets um Kombinationen. Die Frage ist also nur, worauf man Priorität setzt.
Und im politischen Kontext käme ja noch Ideologie hinzu. Gerade der Kommunismus setzt/e ja die Priorität auf Ideologie. Daher müssen einem Kommunisten andere Kulturen, Herkünfte gleichwertig sein. Nur nicht die Religion. Denn diese beinhaltet ideologische Bestandteile.
Aber auch ein Nationalist müsste aus Prinzip andere Kulturen und Herkünfte als gleichwertig betrachten. Sonst muss er ausschliessen. Und dann hätte die staatliche Organisation keine Priorität mehr.
Und im historischen Kontext nimmt es dem ideologischen Nationalisten ganz den Boden unter den Füssen weg. Denn sowohl Staaten, Völker, Kulturen und Religionen entstanden und formten sich im Laufe der Zeit.
Unabhängig wo man für sich selber die Priorität setzten mag : der unzähligen Kombinationen wegen muss man immer Eingeständnisse machen.
Daher erachte ich es am Nützlichsten, gar keine Prioritäten zu setzen. Sondern diese situativ anzugehen.
Rechtsextreme und extrem Linke haben das gleiche Problem : sind sind beide ausgeprägt ideologisch. Und Ideologie ist Gift für die Freiheit. Gift für einen funktionierenden und dem Recht und der Verantwortung verpflichtetetem Staat.
Nationalismus so wie er in dieser Diskusion gemeint ist, ist keinesfalls vertretbar. Denn gemeint ist Nationalsozialismus.
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